Auf unserem Blog war bisher Laura die Expertin, wenn es um Zadie Smith und ihre Romane ging. Laura hat bereits drei Geschichten der britischen Autorin für euch unter die Lupe genommen. Ich hab bisher erst „Swing Time“ und „Zähne zeigen“ von Zadie Smith gelesen – und die haben mir beide auch unheimlich gut gefallen. Deshalb hatte ich mich total gefreut, als ich gesehen habe, dass ein neues Buch von Zadie Smith im Kiwi Verlag erscheint.
In „Grand Union“ werden nun 19 Kurzgeschichten in einem Band herausgegeben, wobei die letzte davon den Titel „Grand Union“ trägt. Die Geschichten sind alle losgelöst voneinander zu verstehen und drehen sich auch um ganz verschiedene Themen. Einige der Short Stories wurden zuvor schon einmal veröffentlicht. Andere sind komplett neu für uns Leser.
Die Themen, die Zadie Smith in ihren Geschichten anspricht, sind laut Verlag Gegensätze wie Frau und Mann, schwarz und weiß, Macht und Ohnmacht. Dabei sind die Motive so verschieden, wie die Genres: historische Erzählung wechselt sich hier mit Modernem ab oder mit eine Dystopie. Trotzdem konnte mich dieses bunte Potpourri nicht wirklich überzeugen. Ich musste mich zum Teil ziemlich durch das dünne Büchlein quälen, weil ich es doch recht dröge und zusammenhangslos fand. Mir tut’s echt leid das zu sagen, weil ich Zadie Smiths andere Bücher so mochte. Aber Smith einfach wirklich überwiegend einfach gelangweilt.
Meine Lieblingsgeschichte aus der Auswahl war „Der Fluss der Faulheit“. Hier geht es um englische Urlauber, die sich in einem All-Inclusive Hotel in Spanien die Sonne auf den Bauch scheinen lassen, sich dem Nichtstun hingeben, vor der Arbeit und der Verantwortung des Lebens fliehen und im Urlaub Dinge tun, die sie Zuhause niemals machen würden. Währenddessen sehen sie quasi nebendran die Erntehelfer auf den Feldern ums Überleben ackern. Die Kritik, die Zadie Smith durch diese sehr offensichtlich platte Gegenüberstellung von arm und reich äußert, wird aber durch ihre doch sehr süffisant, frech und witzige Schilderung des ganzen so überspitzt dargestellt, was sie für mich zur besten Geschichte der Sammlung machte.
Auch „Education sentimentale“ mochte ich ganz gern. Darin erinnert sich die Figur Monica an ihre Collegezeit, wie sie dort ihren Freund Darryl kennenlernte – zwei der wenigen People of color an der Uni damals. Darryl versucht über die schwierige Eingewöhnung am College hinwegzukommen, in dem er seinen Schulfreund Lein mitbringt. Dieser wiederum ist ein gutgelaunter Kleinkrimineller, der sich in die Herzen der College-Menschen stiehlt. Monica passt das gar nicht. Wie kann dieser Typ einfach an der Uni sein, während sie doch so hart dafür gearbeitet hat?
Ich glaube, letztere Geschichte mochte ich vor allem, weil sie auch etwas mehr Tiefgang hatte. Viele der Kurzgeschichten wirkten so bröckelig und fragmentarisch, dass ich mich gar nicht recht darauf einlassen konnte. Hier war die Handlung mehr ausgeprägt. Man konnte sich darin vertiefen. Mit den Charakteren anbändeln. An den Rest kam ich irgendwie echt nicht heran.
Zudem hatte ich oft das Gefühl, dass Zadie Smith mit ihren expliziten Schilderungen der Sex-Szenen ihre Leser total schocken wollte. Ich störe mich an so etwas ja nicht wirklich. Seitdem ich mal Marquis de Sade gelesen habe, bin ich da wohl abgehärtet. Aber die Schilderungen in diesen Kurzgeschichten wirkten irgendwie so konstruiert. Irgendwie gewollt und nicht gekonnt. Als würde man zwischen den Zeilen die Stimme von Zadie Smith raushören: Bitte sei geschockt von mir! Aber auch das konnte mich nicht recht aus der Lese-Lethargie dieser Kurzgeschichten wecken
Wer noch nichts von Zadie Smith gelesen hat, dem gebe ich den Rat: Fang mit den Romanen an! Swing Time ist wundervoll! Zähne zeigen ebenfalls! Wenn man diese liest, dann weiß man, warum Smith derzeit eigentlich als so großartige Autorin gelobt wird. Bitte nicht mit den Kurzgeschichten anfangen. Ich wiederum freue mich, dass ich noch London NW vor mir habe zum Lesen und dann hoffentlich wieder ganz versöhnt bin mit Zadie Smith, bis ein neuer Roman erscheint.
Wer noch nichts von Zadie Smith gelesen hat, dem gebe ich den Rat: Fang mit den Romanen an! Swing Time ist wundervoll! Zähne zeigen ebenfalls! Wenn man diese liest, dann weiß man, warum Smith derzeit eigentlich als so großartige Autorin gelobt wird. Bitte nicht mit den Kurzgeschichten anfangen. Ich wiederum freue mich, dass ich noch London NW vor mir habe zum Lesen und dann hoffentlich wieder ganz versöhnt bin mit Zadie Smith, bis ein neuer Roman erscheint.