Nikolaj Gogol: Die toten Seelen

Neben Tolstoi, Puschkin und Dostojewski zählt Nikolaj Gogol wohl zu den bekanntesten Literaten aus Russland. Sein Hauptwerk „Die toten Seelen“ aus dem Jahre 1842 wurde nun vom Reclam Verlag in einer neuen Übersetzung von Wolfgang Kasack neu herausgegeben.

Von den ursprünglich von Gogol geplanten drei Teilen des Romans, ist leider nur der erste vom Autor abgeschlossen worden. Der zweite liegt in Fragmenten vor. Das Originalmanuskript des zweiten Teils verbrannte Gogol wohl sogar kurz vor seinem Tod. So können wir heute nur erahnen, wie die Geschichte weitergehen sollte.

Gogol und sein Anti-Held Tschitschikow

Das Buch schildert das Leben vom Anti-Helden Pawel Iwanowitsch Tschitschikow. Dieser ist ein pfiffiger, ehemaliger Beamter. Bei seiner letzten Anstellung beim Zoll hatte er sich als Bekämpfer der Korruption verdient. Doch dabei hat er ein Schlupfloch gefunden, um sich selbst zu bereichern.

Zu Beginn der Handlung treffen wir Tschitschikow, wie er bei verschiedenen Gutshöfen vorspricht, um den Eigentümer ihre Leibeigenen abzukaufen. Doch nicht irgendwelche – sondern nur die bereits verstorbenen Leibeigenen und toten Seelen, die der Geschichte ihren Namen geben.

Nur alle fünf Jahre wird im Zarenreich eine Volkszählung gehalten. Bis dahin stehen die Verstorbenen noch im Register ihrer Eigentümer. Und auch bis dahin müssen diese für die toten Knechte noch Steuern zahlen.

Für die Gutseigentümer zunächst ein sehr merkwürdiger und makabrer Handel. Letztlich lassen sie sich aber doch darauf ein, denn so verdienen sie nicht nur Geld bei dem Verkauf, sondern können auch noch Steuern sparen.

Tschitschikow wittert dagegen ein größeres Geschäft. Er kauft hunderte Papierleichen sowie einen maroden, abgelegenen Gutshof. Und so kann er das Gut sehr hoch beleihen und kommt zu einer Menge Geld.  

Gesellschaftskritik und Satire bei Gogol

Nikolj Gogol beweist mit den toten Seelen, dass er seinem Mentor Puschkin in nichts nachsteht und ein Meister der Groteske ist. Zum einen führt er den russischen Staat und ein verkorkstes System vor. Zum anderen ist es eine Gesellschaftskritik, die sich vor allem an Tschitschikow und den Gutsbesitzern darstellt.

Lebendig wird die Geschichte aber vor allem durch die herrlich skurrilen Charaktere die Gogol erschaffen hat. Jede Figur die Tschitschikow aufsucht, hat ihre ganz eigene schrullige Persönlichkeit und wird von Gogol humoreske in Szene gesetzt.

Trotz allem muss ich sagen, dass dieses Buch mir einiges abverlangt hat. Man muss beim Lesen wirklich genau aufpassen. Denn die Handlung ist nicht unbedingt stringent. Erst spät erfährt man Tschitschikows Absichten. Und zum Teil besteht die Handlung aus recht langen, ermüdenden Gesprächen statt.  Dann finden sich wieder ausgedehnte Naturbeschreibungen.

Wenn man aber etwas vom berühmten roten Faden ablässt und sich einfach auf die jeweilige Szene sowie den besonderen Humor von Gogol einlässt, fällt das Lesen etwas leichter.

Alles in allem bin ich daher froh, mich auf das Leseabenteuer eingelassen zu haben. Empfehlen würde ich „Die toten Seelen“ aber nur mit einer Vorwarnung. Ich denke, zum Einstieg in die russische Literatur würde ich eher andere, kürzere Werke empfehlen. Auch wenn das Nachwort die Bedeutung und Besonderheit von Gogols Erzählung noch einmal etwas anschaulicher erklärt.

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