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Raymond Chandler: Der große Schlaf

Der 1888 geborene Raymond Chandler gehört zu den Pionieren der amerikanischen „Hardboiled novels“, bei denen die hartgesottenen, abgebrühten Ermittler nach ihren ganz eigenen Regeln ermitteln. Sein Ermittler Philip Marlowe gilt als Prototyp dieser Figuren, die ganz klassisch knallharten, machomäßig zur Selbstjusitz und zu hoher Gewaltbereitscheift neigen.Seinen ersten Auftritt hat dieser Marlowe in Chanlders Detektivgeschichte Der große Schlaf, der den Auftakt zu einer 9bändigen Reihe bildet: Marlow wird von dem alten kränklichen und unheimlich reichen General Sternwood gebeten, einen Erpressungsversuch aufzuklären. Ein Buchhändler namens Geiger versucht von Carmen, der jüngeren Tochter des Generals, eine hohe Summe Geld zu erhalten. Da dies nicht die erste Erpressung ist, die die Familie durchstehen muss, will der General dieses mal dagegen vorgehen. Morlow soll deshalb ermitteln und das ganze aufklären.

Doch ganz so einfach, wie es klingt, ist der Fall dann doch nicht. Immer mehr Nebenprobleme ergeben sich bei den Ermittlungen. So denkt zum Beispiel die zweite Tochter Vivian, dass Marlowe angeheuert wurde, um ihren verschwundenen Ehemann zu finden. Überhaupt sind die beiden Töchter in eine ganze Reihe von kuriosen Verwicklungen involviert. So muss Marlowe Vivian u.a. bei einem bewaffneten Überfall retten. Und Carmen findet er vollgepumpt mit Drogen und splitterfasernackt bei einem Aktfotoshooting, dass blutig ausgeht. Aber auch Marlowe selbst muss oft Schläge einstecken und austeilen.

Schnell merkt man, dass dieser eigentlich nur knapp 200 Seiten „dünne“ Krimi es ganz schön in sich hat! Ein kriminelles Happening jagt das nächste, weder der Ermittler noch wir Leser kommen wirklich zum Ausruhen und reflektieren. Ständig tappt Marlowe in brenzliche Situationen, findet sich zwischen Kugelhagel wieder oder wird von dubiosen Gestalten verfolgt. Hinzu kommt, dass nach und nach ein ganzes Netz an Personen gesponnen wird, die alle irgendwie mit der Familie Sternwood verbändelt sind und somit ins Fadenkreuz der Ermittlungen kommen. Und schließlich endet alles mit einer Auflösung, mit der man nicht hätte rechnen können…

Während des Lesens hatte ich ein wundervolles Kopfkino. Ich konnte mir die Handlung richtig gut vorstellen, wie einen dieser klassischen schwarz-weiß Filme, mit dem Zigarren rauchenden Ermittler. Und so hat es mich gar nicht gewundert zu lesen, dass der Fall auch mit Humphrey Bogart in der Hauptrolle verfilmt wurde.

Chandler beschreibt sehr realistisch und packend. Aber auch der Witz bleibt nicht zu kurz, wenn Marlowe zum Beispiel die diversen Flirt-Attacken der Sternwood-Schwestern abwimmeln muss. Schonungslos deckt er auf, dass alle Figuren – außer Marlowe – immer nur nach Geld gieren, sich korrumpieren lassen und immer nur auf ihren eigenen Vorteil aus sein.

Mit diesem etwas „härteren“ Genre reagierte Chandler auch auf die damals so beliebtem „Whodonit-Romane“, wie zum Beispiel die Romane von Agatha Christie, ab. Hier werden nicht mehr am Ende alle Verdächtigen in einen Raum gesperrt und dann die Auflösung präsentiert. Nein, hier muss der Ermittler raus ins Feld und der Leser erlebt mit ihm, aus erster Hand, was passiert – und da kann es natürlich auch mal brenzlich werden. Denn mit Marlowe taucht man ab in die Unterwelt der Gangster. Für mich ein unheimlich packernder Krimi, den man durch seine Komplexität auf jeden Fall sehr aufmerksam lesen sollte, um wichtige Details nicht zu verpassen.

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2 Kommentare

    1. Hallo Lieselotte,

      vielen Dank. Ich mochte das Buch auch wirklich gerne. Habe auch schon den nächsten Band verschlungen. 😀 Der Post dazu folgt hoffentlich bald.

      Viele Grüße
      Britta

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