Nagib Machfus: Die Midaq-Gasse

1947 veröffentlichte der Nobelpreisträger Nagib Machfus sein Buch „Die Midaq-Gasse“. Dieses spielt im Kairo der 1940er Jahre und erzählt die Geschichte einer kleinen Gemeinschaft von Nachbarn. Wir lernen die Bewohner dieses Mikrokosmos kennen und lesen über ihre Leben und Schicksale.

Die Besetzung ist bunt: es gibt den Barbier, den Cafébesitzer, einen Bäcker und seine Frau, einen Arzt, die Vermieterin, eine Heiratsvermittlerin und einige andere . Diese Figuren tauchen immer wieder in der Erzählung auf. Die Klatschtanten der Nachbarschaft sind aktiv, so dass nicht viel passiert, ohne dass die ganze Gasse davon erfährt. Und dadurch lernen auch wir als Leser von den Wünschen, aber auch von den Problemen der Bewohner der Midaq-Gasse.

Am ehesten kommen wir Hamida nahe. Sie ist eine junge Frau, die bei ihrer Pflegemutter lebt und hat drei Verehrer. Wir erfahren von ihrem Wunsch, einem Leben in Armut zu entkommen. Aber dafür geht sie auch ziemlich egoistisch vor. 

Midaq-Gasse als Abziehbild der Gesellschaft

Machfus gelingt es meisterhaft, die Atmosphäre der Midaq-Gasse zum Leben zu erwecken und die Leser in die Straßen und Häuser einzuführen. Er porträtiert die soziale und wirtschaftliche Ungleichheit, die in dieser Gemeinschaft existiert, sowie die Beziehungen und Konflikte zwischen den Bewohnern. Die Charaktere sind lebendig und komplex, und ihre inneren Kämpfe und Träume werden einfühlsam dargestellt.

Liebe, Eifersucht, Gier, Armut und die Auswirkungen des Krieges auf das alltägliche Leben zählen zu den zentralen Motiven des Romans. Machfus bietet jedoch keine einfachen Lösungen oder klare moralische Urteile. Stattdessen präsentiert er ein Panorama menschlicher Schwächen und Stärken und lässt den Leser Raum für eigene Interpretationen.

Machfus‘ Schreibstil ist präzise, teils poetisch und sprachlich leicht zu lesen. Dennoch ist es mir zwischendurch etwas schwergefallen, bei den verschlungenen Handlungssträngen den Überblick zu behalten. Besonders zu Beginn kam ich nur langsam in die Geschichte hinein. Die Figuren sind mir nicht recht ans Herz gewachsen beim Lesen. Was vielleicht auch daran lag, dass sie immer wieder aus dem Fokus verschwinden, wenn man sich grad wieder an sie gewöhnt hat.

Trotzdem fand ich die Midaq-Gasse einen spannenden Exkurs in die ägyptische Literatur und kann Machfus Talent als Erzähler durchaus erkennen. Und er gibt einen lohnenswerten Eindruck in das Leben und die Kultur seines Heimatlandes.

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