Henning Mankell: Der Verrückte

2015 verstarb der schwedische Bestseller-Autor Henning Mankell. Nun hat der dtv Verlag einen seiner frühen Romane wiederentdeckt und das erste Mal in deutscher Sprache veröffentlicht.

In „Der Verrückte“ setzt sich Mankell mit einem düsteren Kapitel der schwedischen Geschichte auseinander. Denn das eigentlich als so liberal geltende Schweden sympathisierte vor dem Zweiten Weltkrieg mit den Nazis. Vor allem Kommunisten wurden verfolgt und in Lagern interniert.

So ist es auch in dem kleinen Dorf geschehen, in dem Bertil Kras eines Tages ankommt. Der Stockholmer hat das Leben in der Großstadt satt und möchte sich hier niederlassen und Arbeit suchen. Er hat keine Ahnung, was ihn hier erwarten wird. Denn die ortsansässigen Kommunisten wollen Gerechtigkeit für ihre Inhaftierung. Die Täter leugnen dagegen. Und Bertil gerät unwissend schnell ins Kreuzfeuer von Anschuldigungen und Gerüchten.

Mankell entlarvt ein politische Missstände und eine verkommene Gesellschaft

Mankell zeichnet unheimlich lebensnahe Charaktere und schafft in seinem Roman ein eindrückliches Bild der Hilflosigkeit einer Minderheit und die Macht der Herrschenden. Mit ruhigen und bedächtigen Worten schafft er es eine krasse Spannung aufzubauen. Immer wieder denkt man beim Lesen, dass sich Bertils Blatt wenden könnte. Nur um diese Hoffnung dann doch wieder zu erschüttern.

Auf 500 Seiten beschreibt Mankell die Hetzjagd, der Bertil über Jahre ausgesetzt ist und wie er und sein Glück nach und nach daran zerbrechen. Er zeigt, wie die Polizei unwillig ist diesem „gesellschaftlichen Sündenbock“ zu helfen, denn dann müsste sie ja ihre eigene Schuld eingestehen. Und die ganze Dorfgesellschaft nimmt es einfach hin, dass ein Unschuldiger ohne Beweise von allen verurteilt wird.

Ich mochte diese Erzählung unheimlich gerne und sie ging an zahlreichen Stellen unter die Haut. Ständig wabert etwas Bedrohliches zwischen den Zeilen mit und hält einen in Atem. Schwere und Melancholie überwiegen in diesem Buch. Aber ich hätte mir an einigen Stellen doch mehr Input zu den Tätern gewünscht. Denn so bliebt das Ende etwas unbefriedigend. Es fühlte sich ein bisschen so an, als würde man einen Krimi lesen, ohne dass am Schluss der Mörder enttarnt und verhaftet wird.

Facebooktwitterrssinstagram

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert