Kenneth Bonert: Der Anfang einer Zukunft

Kenneth Bonerts Debüt „Der Löwensucher“ habe ich 2017 unheimlich gerne gelesen. Umso mehr hat es mich gefreut, dass im letzten Jahr das nächste Buch des südafrikanisch-kanadischen Autors im Diogenes Verlag veröffentlicht wurde. Dabei handelt es sich auch gleich um die Fortsetzung des ersten Romans rund um die Familie Helger.

Isaac ist inzwischen in die Jahre gekommen, leitet immer noch seinen Schrottplatz und ist damit ganz gut zu Geld gekommen. Hauptfigur dieses Romans ist sein Sohn Martin. Es ist das Jahr 1989. Der Schauplatz Südafrika ist immer noch fest im Griff von Apartheid und Rassentrennung. Aber es brodelt in der Gesellschaft. Der ANC, der African National Congress, arbeitet mit seinen Mitgliedern am Umsturz der Regierung. Und sie schrecken auch nicht vor Gewalt zurück.

Martin hingegen bekommt von alldem gar nichts mit. Sein größtes Problem ist es, auf eine neue Privatschule zu müssen, in die sein Vater ihn eingekauft hat. Aber im Vergleich zu den anderen Schülern stammt introvertierte Martin nicht aus einer angesehenen Schule. Er findet kaum Anschluss und wird gehänselt. Das sind seine größten Probleme. Bis die Familie eines Tages eine amerikanische Austauschstudentin mit Namen Annie Goldberg aufnimmt.

Martin ist sofort hin und weg von Annie. Der Teenager ist verklärt von Liebe. Doch Annie hat eine Mission. Sie soll für den ANC Videobänder in die Townships schmuggeln. Darauf zu sehen ist, wie man aus einfachen Mitteln Bomben basteln kann. Annie nimmt Martin mit in eines der größten Townships von Johannesburg und auf eine geheime Versammlung. Und auf einmal ist Martin mitten drin im Freiheitskampf gegen die Apartheid.

Und wir treffen auf noch einen weiteren alten Bekannten: Captain Oberholzer. Isaacs Erznemesis aus dem ersten Band ist auch wieder mit dabei und versucht der Familie Helger das Leben zur Hölle zu machen.

Kenneth Bonert verknüpft in seinem Roman mehrere komplexe Themen: Zum einen geht es natürlich um den Kampf gegen die Apartheid in Südafrika. Gleichzeitig zeichnet er aber auch ab, wie andere Figuren am Rande der Gesellschaft , wie die jüdischen Helgers, unter dem System und Rassenhass leiden, wenn auch auf andere Art. Es ist eine Familiengeschichte, die vor allem über das Schicksal der Helger-Männer berichtet. Allen voran natürlich Isaac und Martin, aber auch Martins Bruder spielt – trotz oder gerade aufgrund seiner überwiegenden Abwesenheit – eine große Rolle. Denn Marcus hat einfach sein Studium geschmissen und sich zum Militär gemeldet. Die beiden Brüder stehen also plötzliche auf den rivalisierenden Seiten. Und letztlich ist es in gewisser Art auch ein Coming-of-Age-Roman, denn der naive Martin, der von seiner Familie wohlbehütet aufgezogen wurde, lernt erst jetzt die Augen zu öffnen für die wichtigen, politischen Dinge, die um ihn herum passieren.

Seitdem ich für einige Zeit in Südafrika lebte, haben Geschichten, die in diesem Land spielen quasi eh Bonuspunkte bei mir. Aber ich mag Kenneth Bonerts Stil wirklich gerne. Er schafft es einfach, die verwobenen Ebenen seiner Geschichten gut zu verknüpfen, sodass der Leser sich ganz auf die Atmosphäre und die Handlung einlassen kann. Trotz der Liebelei um Annie und Martin driftet der Roman nie in eine schnulzige Liebesgeschichte ab. Stattdessen stellt Bonert dieser Jugendliebe den brutalen Kampf ums Überleben in dem zerrissenen Land gegenüber. Einzig der Schluss hat mich dann doch etwas kalt gelassen. Hier hätte ich mir irgendwie etwas mehr erwartet, nachdem über so viele Seiten eine so spannende Handlung aufgespannt wurde. Trotzdem werde ich garantiert auch nach Kenneth Bonerts nächsten Buch die Augen offen halten.

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