Literatur aus Nigeria! Ayòbámi Adébáyò, die 1988 in Lagos geboren wurde, hat mit „Bleib bei mir“ einen ganz wunderbaren Debütroman geschrieben. Gefühlvoll und fesselnd geht er unter die Haut.
Kinder, Kinder, Kinder
Im Mittelpunkt steht das Ehepaar Yejide und Akin. Sie wünschen sich Kinder, doch es scheint nicht zu klappen. Die Familie macht Druck, der erstgeborene Sohn muss unbedingt den Stammbaum weiterführen. Natürlich wird die Schuld der Frau zugeschoben. Laut den Ärtzen sind aber beide, Yejide und Akin, gesund. Diese Tatsache macht Yejide total verrückt. Sie klammert sich an jeden Grashalm und lässt sich von ihrer Schwiegermutter von einem Schamanen zum nächsten zerren. Schließlich denkt sie endlich schwanger zu sein. Stolz präsentiert sie ihren runden Babybauch. Sie glaubt den Ärzten nicht, dass es sich nur um eine Scheinschwangerschaft handelt und kein Baby in ihrem Bauch ist.
Bereits an dieser Stelle im Roman tut mir Yejide unglaublich leid. Was muss diese arme Frau ertragen! Der Druck ist einfach zu groß für sie. Außerdem muss sich auch noch mit der zweiten Ehefrau, die vor ihr schwanger werden könnte, konkurrieren. Was für eine Bedrohung. Denn ja, Akin wurde von seiner Mutter gezwungen, eine zweite Frau zu heiraten. Das ist wohl in Nigeria durchaus üblich. Doch die Nebenbuhlerin ist beiden lästig.
Endlich ist es soweit!
Yejide ist mit den Nerven am Ende. Als wäre die Lage nicht kompliziert genug, sucht sie Trost bei Akins Bruder Dotun und lässt sich zu einem One-Night-Stand mit ihm hinreisen. Kurze Zeit darauf ist sie dann tatsächlich schwanger. Als Leserin bin ich hier schon stutzig geworden. Müsste sie sich jetzt eigentlich nicht fragen, wer der Vater ihres Kindes ist? Die Frage kommt aber nicht auf. Yejide und Akin schwelgen beide im Elternglück und sind selig als ihre erste Tochter Olamide geboren wird. Ende gut, alles gut? Nein, wo denkt ihr hin!
Tragischerweise stirbt die kleine Olamide im zarten Alter von fünf Monaten. Yejide trauert sehr um ihr geliebtes Baby. Wenig später bekommt sie jedoch noch einen Sohn, Sesan. Er wird betütelt und behütet, damit ihm auch ja nichts passiert. Trotzdem wird später bei dem Kleinkind festgestellt, dass er eine unheilbare Sichelzellenanemie hat. Mit gerade mal sieben Jahren stirbt auch er. Wie traurig! Dann wird die kleine Rotimi geboren. Übersetzt bedeutet ihr Name „Bleib bei mir“. Doch auch sie hat leider die unheilbare Erbkrankheit.
Das hält keine Mutter aus
Yejides Herz ist nun endgültig gebrochen. Sie glaubt nicht, dass Rotimi leben wird und hat daher auch nicht die Kraft, sich um sie zu kümmern. Das Zusammenleben mit Akin und zweitweise dessen Bruder Dotun wird immer spannungsgeladener. Schließlich platzt der Knoten: Akin hat seinen Bruder Dotun gezwungen, Yejide zu schwänger, weil er selbst impotent ist. Er wollte dies aber unbedingt vor seiner Frau geheimhalten. Yejide ist sauer, vor allem darüber, dass ihr Mann nicht mal jetzt offen mit ihr darüber reden kann. Als es Rotimi schlecht geht und sie ins Krankenhaus muss, hält es Yejide nicht mehr aus. Sie verlässt ihren Mann und ihre Tochter. Wird sie je erfahren, ob Rotimi überlebt hat? Ich verrate euch das Ende mal noch nicht!
Emotionsgeladenes Familiendrama
Die Geschichte ist sehr emotional. Die volle Palette an Wut, Verzweiflung, Hilflosigkeit, Angst, Freude, Hoffnung und Trauer zieht sich durch den Roman. Mehrmals musste ich mir ein Tränchen verdrücken. Besonders gelungen finde ich aber, dass die Erzählperspektive zwischen Akin und Yejide wechselt. Adébáyò zeigt das Innenleben beider Charakter sehr einfühlsam und erweckt damit Sympathien für beide Figuren. Umso trauriger hat es mich beim Lesen gemacht, dass sie es einfach nicht schaffen, offen über alles zu Reden und einen gemeinsamen Weg zu finden.
„Bleib bei mir“ ist ein gelungener und fesselnder Roman über Liebe, Familie und gesellschaftliche Zwänge.