Barbara Pym: Vortreffliche Frauen

Vor kurzem hatte ich mein erstes Buch von Barbara Pym mit dem Titel „Quartett im Herbst“ gelesen und es hat mir wirklich unheimlich gut gefallen. Deshalb habe ich mich gefreut, dass der Dumont Verlag ihre Bücher gerade wieder neu herausgibt. Da habe ich mir gleich den nächsten Roman „Vortreffliche Frauen“ ausgesucht.

London in der Nachkriegszeit. Die alleinstehende Mildred Lathbury hat sich in ihre Rolle als „vortreffliche Frau“ in der Gesellschaft eingefügt. Als über 30jährige Single-Frau gilt sie zur damaligen Zeit schon als alte Jungfer. Dennoch ist sie hilfsbereit, engagiert sich in der Kirche, kümmert sich um den Bazar und ist Kummerkasten für die Damen der Gemeinde. Für die Männer ist sie mehr der Kumpeltyp und wird kaum als Heiratsmaterial wahrgenommen.

All dessen ist sich Mildred absolut bewusst. Fast schon lakonisch nimmt sie die Rolle wahr und erzählt als Ich-Erzählerin in diesem Roman von Barbara Pym auf leise, ironische und unaufgeregte Weise, wie sie ihren Alltag so bestreitet.

Vortreffliche Frau trifft auf chaotisches Ehepaar

Denn dieser wird plötzlich durcheinander gewirbelt, als neben an die Napiers einziehen. Und die sind alles andere als die Norm: Helena ist blond, hübsch, laut, unordentlich, kann nicht kochen und arbeitet als Anthropologin. Ihr Ehemann Rockingham ist zu Beginn noch bei der Marine und in Italien stationiert. Doch kurz darauf trifft auch er ein – und das Ehepaar kommt schnell von einem Drama ins nächste. Mittendrin: die arme Mildred, die als Friedensstifter auserkoren wurde.

Nicht mal ihre Freunde in der Kirchgemeinde können ihr helfen. Denn der Pfarrer ist plötzlich verlobt. Die Gemeinde ist empört! Denn sie hatten doch den Pfarrer als Ehemann für Mildred vorgesehen. Nun gilt Mildred als die Verschmähte und die Gemeinde empört sich für sie.

Mit Vortreffliche Frauen gelingt Barbara Pym ein amüsanter Querschnitt durch die Gesellschaft in der britischen Nachkriegszeit. Das Buch gilt als Sittenroman und gibt ein Abbild der sozialen Konventionen der Mittelschicht in der damaligen Zeit. Dabei zeigt Pym hier mit feiner Schreibfeder und zarter Beobachtungsgabe die Absurdität dieser Normen. Warum müssen Frauen immer ordentlich und artig sein? Warum kann ein Mann nicht gerne kochen und putzen? Wieso muss eine Frau unbedingt einen Mann haben? Warum gilt sie als Single nicht vollständig?

Und auch die Institution der Ehe stellt Pym in Frage. Das zeigt sich besonders an dem Ehepaar Napiers. Die eigentlich nur geheiratet haben, weil es die Situation im Krieg sich so ergeben hat. Eigentlich passen die beiden nicht zusammen und sehen sich beide nach ganz anderen Dingen und Partnern. Zudem stellt Barbara Pym die Frage, inwieweit die Frau ihre Eigenständigkeit behalten kann? Andersherum zeigt sie aber auch, dass Frauen oft nur heiraten, weil es sich (finanziell) absichert und sie in dieser strengen Gesellschaft nicht als alte Jungfer dastehen wollen – ganz im Gegensatz zu Mildred, die sich damit sehr gut arrangiert zu haben scheint.

Für Fans von Jane Austen

Barbara Pyms Roman Vortreffliche Frauen kommt recht schlicht und einfach daher. Der Witz und die Ironie kommen hier eher zwischen den Zeilen hervor. Wer also große Aufregung oder Dramen erwartet, der ist an der falschen Adresse. Aber ein bisschen erinnert einen das Buch doch an die feine Ironie von Jane Austen und wie sie die Rolle der Frauen im viktorianischen England darstellt. Wem also Jane Austens Bücher nicht nur wegen der Romantik gefallen, der sollte unbedingt auch einmal Babara Pyms Romane lesen.

Facebooktwitterrssinstagram

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert