„Die leise Last der Dinge“ von Ruth Ozeki hat u.a. den renommierten „Women’s Prize for Fiction 2022“ gewonnen und sich dabei gegen namhafte Konkurrentinnen wie Louise Erdrich oder Elif Shafak durchgesetzt. Grund genug, sich diesen Roman nun auch endlich einmal näher anzusehen.
In „Die leise Last der Dinge“ erzählt Ozeki die Geschichte von Annabelle und ihrem Sohn Benny. Nach dem Unfalltod seines Vaters fängt Benny an, Stimmen von Alltagsgegenständen zu hören. Diese gewöhnliche Fähigkeit macht den Teenager aber schnell zum Außenseiter. Er hat Schwierigkeiten, sich in der Schule einzufügen. Die anderen Kinder halten ihn für einen Freak. Er wird wegen mehrerer Ausraster zur Psychologin geschickt, die es zwar gut meint, aber seine Situation nicht begreift. Trost und Schutz findet Benny vor allem in der Bibliothek, seinem Lieblingsort. Dort freundet er sich mit anderen Ausreißern aus dem System an: dem Mädchen Aleph, die er aus der Therapie kennt, und einem obdachlosen Dichter, den sie „den Flaschenmann“ nennen.
Bennys Mutter Annabelle hat ebenfalls schwer an dem Verlust ihres Mannes zu knapsen. Sie leidet unter Einsamkeit, hat ständig Probleme mit ihrem Job und natürlich macht sie sich Sorgen um ihren Sohn. Sie entwickelt einen Sammelzwang, um die Leere in ihrem Leben zu füllen, und schnell ist das Haus so vollgemüllt, dass der Eigentümer droht, sie rauszuschmeißen.
Was mich an diesem Buch besonders fasziniert hat, war die Idee, dass Bücher und Gegenstände sprechen können. Dieser originelle Ansatz verlieh der Geschichte eine einzigartige Dynamik und regte zum Nachdenken über die Beziehung zwischen Mensch und Objekt an. Besonders berührend waren die Momente, in denen Annabelle und Benny versuchten, sich gegenseitig zu verstehen und ihre Bindung zu stärken.
Ruth Ozeki schreibt eine Geschichte für Buchliebhaber
Bücher und Bibliotheken spiele eine zentrale Rolle in der Geschichte. Annabelle wollte eigentlich Bibliothekarin werden. Benny liebt Bibliotheken genauso sehr wie seine Mutter. Der Roman wird aus der Sicht eines Buches geschildert, mit dem Benny sich unterhält. Und auch Annabelle sucht Zuflucht in einem Selbsthilfebuch zum Aufräumen, dessen Verfasserin sehr an eine fiktive Version von Marie Kondo erinnert.
Obwohl mir die zentrale Idee des Romans sehr gefallen hat, muss ich zugeben, dass die Geschichte von Ozekigelegentlich ihre Längen hatte. Der Erzählstil von Ozeki war zwar einfühlsam und gut durchdacht, aber manchmal hätte ich mir etwas mehr Spannung gewünscht. Die Dynamik wirkte für mich zwischendurch etwas off und dann plätscherte die Storyline irgendwie vor sich hin. Hier hätte vielleicht in der Kürze etwas mehr Würze gelegen. Und auch das Zwiegespräch zwischen Benny und dem Buch war am Anfang noch neu und überraschend. Aber zum Schluss hätte ich lieber einfach die Story stringent weiterverfolgt, als immer diese Zwischeneinschübe zu lesen.
Insgesamt hat mich „Die leise Last der Dinge“ von Ruth Ozeki gut gefallen. Es ist ein Buch, das zum Nachdenken anregt und die Leser dazu ermutigt, über die Bedeutung von Beziehungen, Einsamkeit und Realität nachzudenken. Nun möchte ich gerne noch ihre „Geschichte für einen Augenblick“ lesen.