Da ich ja gerade zwei Wochen in Indien verbracht habe, wollte ich passend dazu meine Reiselektüre auswählen. Entschieden habe ich mich unter anderen für „Der Unberührbare“, der Debutroman von Mulk Raj Anand.
Das Buch wurde erstmals 1935 veröffentlicht, nachdem Anand schon fast nicht mehr daran geglaubt hatte und kurz davor war, sich das Leben zu nehmen (laut Nachwort des Buches). Denn kein Verlag wollte die Geschichte veröffentlichen, da sie als vulgär angesehen wurde. Erst durch die Unterstützung seines Freunds E.M. Forster, der ein Vorwort zum Buch beisteuerte, wurde „Der Unberührbare“ schließlich gedruckt.
Anand schildert einen Tag im Leben des jungen Bakha, der zur Kaste der Unberührbaren zählt. Er arbeitet als Latrinenreiniger und gehört damit zur absolut untersten Schicht des Systems. Von früh bis spät muss er Toiletten schrubben. Wenn er durch die Straßen läuft, muss er laut rufen, damit die anderen Menschen gewarnt werden, dass er erscheint.
Anand erschüttert mit seinem Unberührbaren bis ins Mark
Bakha träumt davon, den gesellschaftlichen Konventionen und der Erniedrigung zu entfliehen. Er sucht Hilfe und Hoffnung bei verschiedenen Glaubensvertretern und höher Gestellten. Auch Ghandi tritt als Symbol der Hoffnung auf.
Durch Bakhas Erlebnisse deckt Anand eine Vielzahl von Themen auf, darunter soziale Ungerechtigkeit, Kastenwesen, Rassismus und die Suche nach persönlicher Würde. Der Roman zeichnet ein kritisches Bild der hinduistischen Gesellschaft und ihrer rigiden sozialen Struktur, die Menschen aufgrund ihrer Geburt in vorbestimmte Rollen zwängt.
“Der Unberührbare” ist sowohl eine soziale Anklage als auch ein Aufruf zur Veränderung. Anand nutzt die Geschichte von Bakha, um die Leser dazu zu bringen, über die Ungerechtigkeiten nachzudenken, die aufgrund von Kastenzugehörigkeit entstehen, und um ein Bewusstsein für die Notwendigkeit sozialer Reformen zu schaffen.
Dabei hat es das dünne Büchlein in sich. Die wüsten Beschimpfungen und Ungerechtigkeiten, die Bakha aushalten muss, rühren zu Tränen. Es ist ein Buch über Elend. Und es wird nicht beschönigt. Nichts wird romantisiert. Das Leid geht bis ins Mark beim Lesen. Diese Geschichte auch noch in Indien zu lesen hat bei mir einen sehr krassen Eindruck hinterlassen.
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