Coco Mellors: Blue Sisters

„Blue Sisters“ von Coco Mellors war für mich eines der emotional aufwühlendsten Bücher dieses Sommers. Jeder, der schon den Tod eines geliebten Menschen erlebt hat, weiß, in welches Gefühlschaos einen das ziehen kann. Und diese emotionale Achterbahn hat Mellors in ihrem zweiten Roman perfekt eingefangen.

Die Geschichte dreht sich um drei verbliebenen „Blue Sisters“, die sich mit dem einjährigen Todestag ihrer Schwester Nicky auseinandersetzen müssen. Jede von ihnen lebt in einer anderen Stadt und geht unterschiedlich mit ihrem Schmerz und ihrer komplizierten Familiengeschichte um.

Avery, die älteste Schwester, ist eine erfolgreiche Anwältin, die sich nach einem turbulenten Leben voller Drogenmissbrauch und Zusammenbrüche neu erfunden hat. Bonnie, die mittlere Schwester, kämpft mit ihrer gescheiterten Karriere als Boxerin und verarbeitet ihren Frust als Türsteherin in Los Angeles. Lucky, die jüngste Schwester, hat ihren Ruhm als junges Model in Alkohol und Drogen ertränkt.

„Blue Sisters“ – einer der Hype-Romane des Sommers 2024

Der Roman beginnt, als ihre Eltern beschließen, die Familienwohnung in New York zu verkaufen – ein Ort voller Erinnerungen und der letzte physische Anker zu ihrer verstorbenen Schwester. Während die Schwestern Nicky’s Sachen ausräumen, kommen lange unterdrückte Emotionen, Konflikte und Geheimnisse ans Licht. Der Schmerz über den Verlust und ihre komplizierten Beziehungen zueinander werden unbarmherzig offengelegt.

Coco Mellors hat es geschafft, die Schwestern als komplexe, authentische Charaktere darzustellen. Besonders eindrucksvoll ist, wie sie die unterschiedlichen Arten beschreibt, wie Menschen mit Trauer und Schuld umgehen. Die Dynamik zwischen den Schwestern und ihren Eltern, die stets abwesend und gleichgültig wirkten, bleibt dabei manchmal etwas undurchsichtig. Eine Szene zwischen Avery und der Mutter zeigt eine unerwartete Seite der Mutter, die allerdings nur am Rande behandelt wird.

Insgesamt erinnert „Blue Sisters“ an eine moderne Version der „Selbstmord-Schwestern“ von Jeffrey Eugenides. Wenn die Lisbon-Töchter heute leben würden, wären sie vielleicht wie die Blue-Schwestern: zerrissen, aber auch stark in ihrer gemeinsamen Trauer. Mellors‘ Buch ist eine tiefgründige und berührende Studie über Familie, Verlust und den schwierigen Weg zur Heilung. Ein absolutes Muss für alle, die sich in komplexen, emotional aufgeladenen Geschichten verlieren möchten.

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