Alan Hollinghurst: Die Schwimmbad-Bibliothek

„Die Schwimmbad-Bibliothek“ von Alan Hollinghurst wurde 1988 erstmals veröffentlicht und zählt zu den Klassikern der schwulen Literatur. Mit diesem Debüt gewann der Hollinghurst zahlreiche Literaturpreise und zählt auch durch seine folgenden Romane zu den bedeutendsten modernen, englischsprachigen Schriftstellern.

Mit seiner Schwimmbad-Bibliothek hat Hollinghurst einen kritischen Gesellschaftsroman vorgelegt, der im London der 80er Jahre spielt. Sein Protagonist William Beckwith ist jung, adelig und schwul. Er genießt das Leben in vollen Zügen. So feiert er die Nächte auf Partys durch und hat ein erotisches Abenteuer nach dem nächsten. Es ist die Zeit, bevor Aids die Schwulen-Szene erschüttert. Bei einem seiner Streifzüge durch den Park begegnet William dem ehemaligen Kolonialbeamten Lord Nantwich. Der alte Mann erleidet einen Herzinfarkt und William rettet ihm mit seiner Ersten Hilfe das Leben.

Die Männer freunden sich an. Und schließlich bittet der alte Lord William darum, seine Memoiren zu schreiben. Erst zögert Will. Doch dann nimmt er die Tagebücher und Aufzeichnungen an sich, liest sie und erfährt so von dem abenteuerlichen Leben des Lords, seiner Zeit in Afrika und das Leben als schwuler Mann in den 1920ger Jahren.

Beide Biografien stehen sich dialektisch gegenüber. Nantwich wurde in einer Zeit erwachsen, in der Homosexualität noch gesetzlich verboten war. Seine Leben war darum voller Geheimniskrämerei. Und schließlich landete der Lord für sein „Verhalten“ sogar im Gefängnis. Aber auch Williams Leben in der Gegenwart ist die Anfeindung von Schwulen immer noch ein Thema. Zwar kann er seine Sexualität an vielen Orten frei und hemmungslos ausleben. Aber dennoch wird er in der öffentlichen Gesellschaft oft angefeindet und wird Opfer von Homophobie.

William ist nicht unbedingt der sympathischste Protagonist. Er kommt recht oberflächlich und arrogant daher. Und auch der alte Lord Nantwich ist kein nahbarer Charakter. Seine Persönlichkeit eröffnet sich erst nach und nach durch die Tagebucheinträge. Und obwohl diese tief blicken lassen, wirkt diese Figur dennoch distanziert. Das hat es mir etwas schwer gemacht, mich komplett in die Geschichte einzufühlen.

Die Thematik ist aber immer noch aktuell. Denn auch heute noch muss die LGBTQ+ Community mit Homophobie und Anfeindungen leben. In vielen Ländern steht Schwulsein immer noch unter Strafe. Alleine deshalb ist dieses Buch von Hollinghurst immer noch wichtig und sollte gelesen werden!

Aber auch Hollinghursts Stil ist besonders. Zwar beschreibt er das sexuell ausschweifende Leben seines Protagonisten mit zahlreichen Details. Gleichzeitig hat Alan Hollinghurst eine sehr feine, literarische Sprache die beim Lesen intensive Bilder heraufbeschwört. Wer sich also nicht an den deutlich beschriebenen Sex-Szenen stört, sollte mit der Schwimmbad-Bibliothek unbedingt in das Leben der schwulen Community von 1983 eintauchen.

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