„Die Propheten“ ist das Romandebut des amerikanischen Autors Robert Jones Jr. In den USA ist er bereits länger bekannt durch seinen Blog „Son of Baldwin“, auf dem er u.a. über Rassismus, Genderrollen und Queer Life spricht. Alle diese Themen hat er nun in einem Buch vereint, das bereits auf der Shortlist für den National Book Award 2021 steht. Darin schildert er die Liebesgeschichte von Samuel und Isaiah, zwei schwulen Sklaven auf einer Baumwollplantage in Mississippi.
Jones wollte ein Geschichte über queere Sklaven schreiben, weil er es bisher kein Buch darüber gab. Damit folgte der Autor seinem Vorbild Toni Morrison. Denn die Schriftstellerin sagte einst: If there’s a book you want to read, but it hasn’t been written yet, then you must write it“. – Und so machte sich Robert Jones Jr. ans Werk.
Eine Liebesgeschichte unter widrigen Umständen
Er schildert das harte Leben auf der Plantage sowohl aus den Augen der beiden Liebenden, aber auch die anderen Sklaven und sogar die weißen Eigentümer kommen zu Wort. Die Sklaven habe alle mit ihren Schicksalsschlägen zu kämpfen. Amos flüchtet sich in die Religion. Essi versucht eine gute Mutter für das Kind zu sein, das aus der Vergewaltigung durch den Plantageneigentümer Paul entstanden ist. Die junge Puah rettet sich, in dem sie sich in Samuel verguckt. Und die alte Beulah hat ihre eigene Form von Rache gefunden, indem sie heimlich das Essen der Weißen vergiftet und so verhindert, dass diese mehr als ein Kind bekommen.
Unterbrochen werden die Geschehnisse auf der Farm durch die Stimmen der Propheten aus dem Titel, die in sieben Stimmen siebenmal den Text unterbrechen. Sie bieten aus dem Jenseits Geleit und Rat an, schauen aber auch in die Vergangenheit nach Afrika zurück, als die Portugiesen die ersten Menschen versklavten. Wir lernen Kossi und Elewa kennen, die wie Samuel und Isaiah Geliebte sind, und das Schicksal der beiden widerspiegeln.
Als der Sohn des Plantageneigentümers anfängt Samuel und Isaiah nachzustellen, ist für den aufbrausenden Samuel eine Grenze überschritten. Es kommt zum Aufstand und zur Katastrophe.
Robert Jones Jr. auf den Spuren von Baldwin und Morrison
Robert Jones Jr. ist es mit „Die Propheten“ gelungen, ein fulminantes Debüt hinzulegen. Er hat eine tragische, aber zeitgleich sprachlich wunderschöne lyrische Geschichte geschrieben. Die Liebe zwischen Isaiah und Samuel wird als starke und positive Kraft gegen die verzweifelnde Ausgangssituation auf der Farm geschildert. Gleichzeitig schafft Jones es auch all seinen anderen Charakteren eine weitreichende Dimension zu geben, sodass wir quasi eine 360 Grad Ansicht auf die Farm, ihre Bewohner und die Tragik dahinter erhalten.
Was mich allerdings etwas gestört hat, waren tatsächlich die Einschnitte der Propheten. Diese waren mir etwas zu losgelöst und fühlten sich etwas zu gewollt an. Die Geschichte hätte bereits so eine runde Sache sein können und bringt durch den queeren Einfluss ja auch einen besonderen, noch nicht dagewesenen Aspekt in die Geschichte ein. Die Zwischenstücke wirkten auf mich, als ob Robert Jones Jr. noch einen oben drauf setzen musste, damit sein Buch auch mit den literarischen Größen, die ihn inspirieren, mithalten kann. Doch das hätte es nicht gebraucht. Dass der Mann schreiben kann, ist ganz deutlich. Nur war es für mich dann doch etwas zu viel des Guten.