Laurent Binet: Die siebte Sprachfunktion

Achtung, nur für Sprachwissenschaftler und Linguisten! Dieses Buch ist definitiv nicht für jedermann geeignet. Denn wir tauchen ein in die Welt der Poststrukturalisten.

Krimi und Satire in einem

Der französische Philosoph, Schriftsteller und Literaturkritiker Roland Barthes wird im Frühjar 1980 auf den Straßen von Paris von einem Auto überfahren. Wenige Tage später stirbt er im Krankenhaus. Kommissar Bayard muss nun herausfinden, ob es einfach nur ein Unfall oder Mord war.

Dazu begibt er sich in das Milieu von Roland Barthes und trifft dort auf weitere bekannte Philosophen, allen voran Michel Foucault, Jacques Derrida, Julia Kristeva und ihren Mann Philippe Sollers. Scheinbar trug Roland Barthes bei seinem Unfall ein wichtiges Manuskript bei sich, das ihm entwendet wurde und dem nun alle hinterherjagen. Das Manuskript soll angeblich die geheime siebte Sprachfunktion von Roman Jakobson, russischer Semiotiker, beinhalten. Diese siebte Sprachfunktion soll rhetorisch so gut funktionieren, dass sie dem Anwender eine neue Macht gibt auf Worte Taten folgen zu lassen. Kein Wunder also, dass jeder, auch Politiker, diese geheime Wunderwaffe haben und mit niemandem teilen will.

Die Ermittlungen führen Bayard und seinen Helfer Simon Herzog, ein junger Sprachwissenschaftler, immer tiefer in die Kreise der weltweit bekannten Rhetoriker, Semiotiker und Philosophen. Bayard und Herzog ermitteln unter anderem auf einer wissenschaftlichen Tagung an der Cornell University, wo Europas Persönlichkeiten auf ihre Amerikanischen Gegner treffen und sich heftige Diskussion liefern. In Bologna, Italien, entdecken sie, welch wichtige Rolle ein internationaler geheimer Redner-Club spielt, dessen graue Eminenz allen Anschein nach Umberto Eco ist. Bis sich alles aufklärt, ist es ein weiter und schmerzlicher Weg für das Ermittlerteam.

Die Macht der Sprache

Die Handlung wird immer kurioser und abstrakter und baut so eine gute Spannung bis zum Schluss auf. Je weiter man liest, umso mehr taucht man in diese spezielle Welt ein und der Spaßfaktor steigt. An der Geschichte ist jedoch nichts Wahres dran und die ganzen bekannten Persönlichkeiten sind eher Karikaturen als getreue Abbildungen ihrer selbst. Zum Glück hat niemand der noch Lebenden Laurent Binet verklagt! Somit ist der Roman eher als Satire auf die Philosophen zu verstehen.

Ich denke, der Roman lässt sich auf verschiedenen Ebenen lesen. Man kann ihn so wie ich als Unterhaltungsroman lesen und nebenbei ein wenig sein Wissen aus dem Literaturwissenschaftsstudium auffrischen. Man kann aber auch tiefer eintauchen und sämtliche Sprachtheorien, die in ihm eingebunden sind, unter die Lupe nehmen und das Werk als Dekonstruktionsroman lesen. So oder so ist es ein einzigartiger Roman, den jeder Student der Literatur- oder Sprachwissenschaft lesen sollte.

Wer noch mehr zur Rezeption wissen will, schaut am besten mal in die Kritiken von Zeit, FAZ und Spiegel rein.

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