2016 hatte ich das Glück, beim Literaturfestival in Berlin Alain de Botton bei einer Lesung zuhören zu können. Der Schweizer mit dem Baujahr 1969 studierte Philosophie und erzielte mit seinem ersten Buch „Versuch über die Liebe“ 1994 einen weltweiten Bestseller. Schon in seiner Lesung fand ich, dass de Botton einen herrlich lustigen und so gar nicht verstaubten Ansatz an die Philosophie hatte und deshalb habe ich mir damals auch sein Buch gekauft und signieren lassen. Danach lag es leider ewig im Schrank, bis ich es nun endlich aus seinem Wartezustand befreit habe.
„Versuch über die Liebe“ ist eine ungewöhnliche Erzählung über zwei Menschen, die sich durch Zufall treffen: Auf dem weg von Paris nach London lernt der Ich-Erzähler Chloe kennen – und verliebt sich prompt in sie. Eines ist klar: er muss seine Herzensdame wieder sehen. Was folgt ist kein klassischer kitschiger Liebesroman, sondern eine amüsante Erzählung, wie der Erzähler und Chloe die verschiedenen Phasen einer Beziehung durchleben: Vom ersten Verliebtsein, bis zum ersten Kuss, dem ersten Streit etc.
Gespickt ist das Ganze mit literarischen Verweisen und philosophischen Theorien, was in unserem Körper und in unserem Geiste während der verschiedenen Phasen abläuft. Wir bekommen erklärt, was passiert, wenn wir uns verlieben, wie wir den potenziellen Partner zu beginn idealisieren, wie wir versuchen uns selbst im besten Licht dastehen zu lassen, versuchen, eben der perfekte Partner zu sein, den unser Gegenüber sich wünscht. Wir durchleben alle Unsicherheiten, Freuden aber auch das Leid, die zur Liebe dazugehören – und bekommen diese zum Teil auch mit passenden Grafiken erklärt.
Den einzelnen – nennen wir sie – Beziehungsphasen werden dafür jeweils Kapitel mit kurzen Abschnitten gewidmet, sodass das Buch klar strukturiert ist. Alain de Botton schafft es dabei, die zum Teil auch etwas komplexen philosophischen Ansätze so herunterzubrechen, dass wir uns als Leser nicht den Kopf raufen müssen. Vielmehr erwischt man sich vielleicht an der ein oder anderen Stelle selber, rekapituliert das eigene Verhalten und muss des Öfteren vielleicht auch schmunzeln, wenn wir merken, wie wir uns in Sachen Liebe manchmal fast auf den Kopf stellen und zum Clown machen.
Ich hatte deshalb beim Lesen wirklich jede Menge Spaß. Die Ausgewogenheit zwischen Erzählung und philosophischen Erklärungen war für mich immer gegeben, sodass es nie zu sehr ins kitschige abzurutschen drohte, aber auch nie zu „trocken“ oder langwierig wirkte. Und da das Thema Liebe uns ja alle betrifft, kann ich mir vorstellen, dass es auch anderen viel Spaß macht, sich in diesen Wirrungen rund um die Geschichte von Chloe und dem Ich-Erzähler wiederzufinden. Von mir gibt es daher eine ganz klare Leseempfehlung für dieses etwas andere Buch.