Seltsame Bilder ist ein Roman, der sich nicht einfach lesen lässt – man muss ihn zusammensetzen. Uketsu, bislang bekannt als maskierter YouTuber mit Hang zu gruselig-niedlichen Kurzfilmen, legt hier sein literarisches Debüt vor. Und das ist so ungewöhnlich wie sein Auftreten: ein Krimi, der sich aus Zeichnungen, Berichten, Zeugenaussagen und kurzen Kapiteln zusammensetzt. Ein Buch, das den Leser nicht nur miträtseln lässt, sondern ihn dazu zwingt, genau hinzusehen.
Die Handlung ist nicht chronologisch erzählt. Es geht um mehrere Morde, verteilt über Jahrzehnte. Ein Kind erschlägt seine Mutter. Eine Frau stirbt bei der Geburt. Zwei Männer werden in einem Zelt erschlagen. Und immer hinterlassen die Opfer rätselhafte Zeichnungen. Diese Bilder – im Buch abgedruckt – sind der Schlüssel zur Aufklärung. Sie sind keine bloße Illustration, sondern Teil der Erzählstruktur. Man liest nicht nur, man schaut, man kombiniert.
Was mich fasziniert hat: die kühle, fast distanzierte Erzählweise. Der Text wirkt oft wie ein Bericht, nüchtern, sachlich. Und gerade dadurch entsteht eine besondere Spannung. Die brutalen Verbrechen werden nicht ausgeschlachtet, sondern der Vorstellungskraft überlassen. Das macht sie nicht weniger verstörend – im Gegenteil.
Der Roman lebt von seiner Struktur. Die einzelnen Episoden wirken zunächst unabhängig, doch langsam beginnen sich die Fäden zu kreuzen. Hinweise verdichten sich, Perspektiven verschieben sich, und am Ende fügt sich alles zu einem Gesamtbild – das ebenso traurig wie verstörend ist.
Seltsame Bilder ist kein klassischer Thriller. Es ist ein experimenteller Krimi, der mit Form und Inhalt spielt. Für mich war es eine überraschende Lektüre, die mich immer wieder herausgefordert hat. Nicht alles hat für mich funktioniert – manches wirkte überkonstruiert, manche Wendung etwas bemüht. Aber das Konzept, die Atmosphäre und die visuelle Ebene haben mich überzeugt.
Ein Buch für alle, die Krimis mögen, die sich nicht an Genregrenzen halten. Und für Leser:innen, die bereit sind, sich auf ein Spiel mit Bildern und Bedeutungen einzulassen.
