Ich habe „Das Eis-Schloss“ von Tarjei Vesaas an einem sonnigen Frühlingstag gelesen. Trotzdem: Gänsehaut. Weil die Story mich so berührt hat und ich die Kälte des Eis-Schlosses spüren konnte.
Siss und Unn. Zwei Elfjährige, die eine besondere Freundschaft verbindet: Unn ist neu in der Klasse, still, geheimnisvoll. Siss ist beliebt, lebendig, neugierig. Zwischen den beiden entsteht etwas – zart, intensiv, kaum greifbar. Eine einzige Begegnung und ein Versprechen verändern alles. Und am nächsten Tag verschwindet Unn spurlos.
Was bleibt, ist Stille. Siss schweigt. Die Erwachsenen verstehen nichts. Die Trauer ist da, aber sie wird nicht benannt. Und genau das macht dieses Buch so eindringlich. Wie Vesaas über Verlust schreibt, ohne große Worte, trifft direkt ins Herz. Kein Drama, keine lauten Gefühle. Nur Leere. Und Kälte. Und das Gewicht von dem, was nicht gesagt wird.
Das „Eis-Schloss“ ist real in der Geschichte – ein gefrorener Wasserfall, bizarr schön, tödlich gefährlich. Aber es steht auch für all das, was in den Mädchen vorgeht. Für Geheimnisse. Für Angst. Für das, was zerbricht, wenn man es berührt.
Mich hat diese fragile Freundschaft sehr berührt. Wie wenig es manchmal braucht, um ein Leben zu verändern. Wie schmerzhaft es ist, wenn Nähe nicht mehr möglich ist. Und wie stark ein Kind sein kann – auch wenn es leidet.
Vesaas schreibt still, klar, mit großer Zärtlichkeit. Ich habe jedes Wort gespürt. Wie schon bei „Die Vögel“ bleibt auch dieses Buch lange in mir.



