Irene Dische: Großmama packt aus

Großmama packt aus von Irene Dische lag ewig auf meinem Stapel ungelesener Bücher. Es war ein Geschenk von einer Freundin – mit der Begründung: „Ich habe es ausgesucht, weil es ein rosa Cover hat.“ Ich hatte also keine großen Erwartungen an die Geschichte. Aber jetzt, nach der Lektüre, muss ich sagen: Das Buch war tatsächlich ganz gut.

Die Erzählerin, eine alte, verbitterte Großmutter, blickt auf ihr Leben zurück und rechnet mit ihrer Familie ab. Und das mit einer Boshaftigkeit, die gleichzeitig amüsiert und befremdet. Sie hält sich für moralisch überlegen, blickt aber mit gnadenloser Herablassung auf alle anderen herab. Die Geschichte erstreckt sich über mehrere Generationen einer deutsch-jüdisch-katholischen Familie zwischen Europa und den USA. Dabei bleibt die Großmama unerschütterlich in ihren (teilweise ziemlich fragwürdigen) Überzeugungen. Gleichzeitig ist es die Familiengeschichte der Autorin. Denn am Schluss der Handlung geht es um die Enkelin der Großmutter: Irene Dische.

Der Stil von Irene Dische ist scharf, pointiert und unterhaltsam. Es gibt viele Stellen, die wirklich brillant geschrieben sind. Trotzdem hatte ich Schwierigkeiten, mich in die Charaktere einzufühlen. Vielleicht, weil die ironische Distanz durchgehend so stark bleibt, dass man nie wirklich in ihre Innenwelt eintaucht. Oder weil mir niemand in dieser Familie wirklich sympathisch war. Die Großmutter ist auf ihre Art faszinierend, aber auch zutiefst unangenehm.

Trotzdem: Das Buch liest sich schnell, ist clever konstruiert und hat einen bitterbösen Humor. Es ist eine unterhaltsame, aber auch nachdenklich machende Abrechnung mit einer Familie, in der niemand so recht zueinanderfindet – und in der trotzdem alle auf seltsame Weise miteinander verbunden bleiben.

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