Was ich liebte erzählt rückblickend die Geschichte von der Freundschaft zweier Familien: Der Kunsthistoriker Leo Hertzberg befreundet sich Mitte der 70iger Jahre in New York mit dem Künstler Bill Wechsler an. Leo kauft eines der Bilder von Bill mit dem Titel Selbstportrait, das aber eine nackte Frau zeigt. Die beiden Männer kommen ins Plaudern und es entwickelt sich aus diesem Zusammentreffen eine enge, lebenslange Freundschaft zwischen den beiden. Bill und seine Frau Lucille, eine spleenig-unterkühlte Dichterin, ziehen sogar direkt in der Wohnung über Leo und seiner Frau, der Anglistin Erica, ein. Die Verbindung zwischen den Paaren wird immer enger und intensiver, besonders Bill und Leo tauschen sich rege über Kunst aus. Schließlich werden beide Frauen schwanger und bekommen beide einen Sohn.
Dabei ist dieser erste Teil des Buches, in dem der Leser die beiden Familien erst einmal kennen lernt und nur eitel Sonnenschein zu herrschen scheint gleichzeitig auch der langweiligste – für mich war es zumindest so. Teil zwei und drei reißt das glückliche Familien-Freundschafts-Idyll jedoch auseinander. Und von da an kommt auch endlich Dynamik in die Geschichte. Um nicht zu viel zu verraten halte ich es allgemein und sage nur: die Familien zerbrechen und auch das Glück am Elternsein hält nach der Geburt für beide aus unterschiedlichen Gründen nicht lange an. Es geht um Trauer, Verlassen werden und die Tatsache, dass Glück zerbrechlich ist. Gleichzeitig schwingt natürlich auch das Thema mit, wie man mit diesen Schicksalsschlägen umgeht. Bill zum Beispiel scheint sein ganzes Leben in seinen Kunstwerken zu verarbeiten, die sich von “platten Leinwänden” immer weiter entwickeln. Leo wiederum sieht für uns Leser hinter die Fassaden der Bilder und zeigt auf, was dahinter steht.
Was ich liebte ist alles andere als ein dynamischer, aufregender Roman. Stattdessen darf der Leser aber tief abtauchen in die Psyche der Protagonisten. Und mit ihnen versuchen die Aufgaben, die ihnen das Leben und das Schicksal gibt, zu lösen und sich ihnen entgegenzustellen. Es ist ein Roman über zwischenmenschliche Beziehungen, Freundschaft und Familie. Darüber wie Familien zusammen halten und was echte Freundschaften ausmacht. Es ist ein ruhiger und teils auch trauriger Roman, mit unheimlich tiefgründigen Passagen, der im Endeffekt auch auf die Frage hinausläuft, wer wir sind und wie wir dorthin gekommen sind. Das wird auch in einer meiner Lieblingsstellen des Romans ganz deutlich. Dort heißt es:” Ich nehme an, wir sind alle das Produkt der Freude und Leiden unserer Eltern. Ihre Gefühle sind im gleichen Maße in uns eingeschrieben wie ihre Gene”.
“Was ich liebte” war mein erster Roman von Siri Hustvedt. Aber er hat mir so gut gefallen, dass ich ihr “Sommer ohne Männer” gleich hinterher lesen musste. Madeleines Rezension dazu findet ihr hier. Sommer ohne Männer ist im Vergleich viel lockerer vom Ton. Mehr ironisch, sarkastisch. Dagegen ist “Was ich liebte” etwas anspruchsvoller und theoretischer. Durch die vielen Kunstgespräche und philosophischen Diskussionen ergibt sich das quasi von selbst. Mir hat das aber sehr gut gefallen, denn Siri Hustvedt versteht es, diese Themen – trotz ihres anspruchsvollen Inhalts – in einfache Worte zu verpacken und dem Leser somit gut zu vermitteln. Mich hat die Geschichte von Leo und Bill beim Lesen auch unheimlich berührt und zum Nachdenken gebracht. Wer es lieber etwas leichter möchte, sollte sich dann aber doch lieber an Sommer ohne Männer halten.
Ja, ging mir auch so. Habe gleich Sommer ohne Männer hinterher gelesen. Das fand ich auch echt super! Da werden definitv noch weitere Bücher folgen 🙂
LG Cat
Ich mochte das Buch sehr. War mein Einstieg in ihre Welt…