Lesetipp des Monats: Die Glut

Das nass-kalte Herbstwetter hat uns ja nun doch ziemlich schnell eingeholt. Deshalb dachte ich, ich heize uns mit dem neuen Lesetipp des Monats für Oktober mal ein bisschen ein. Nämlich mit Die Glut von Sándor Márai!

Eckdaten zum Autor:

Sándor Márai war einer der bedeutendsten Schriftsteller Ungarns. Er wuchs in einer adeligen Familie in Kaschau auf, emigrierte aber mit Beginn des Ersten Weltkrieges nach Deutschland. In Leipzig schrieb Márai unter dem Namen Alexander Grosschmid de Márai für das Satireblatt Der Drache. Danach ging er nach Frankfurt, wo er für das Feuilleton der Frankfurter Zeitung schrieb. Von Frankfurt zog es Márai nach Berlin und dann nach Paris. Er bereiste den Nahem Osten, Ägypten, Palästina, Syrien und Südeuropa – diese Reisen verarbeitete er nicht nur für die Zeitung sondern auch in einem Reiseroman mit dem Titel Auf den Spuren der Götter. Von da an schreibt Márai auch Lyrik, Prosa und Dramen – seine kreativste Schaffensphase beginnt.

Als Ungarn 1944 von Hitler besetzt wird, legt Márai aus Protest den Stift nieder. Er war nicht bereit, unter deutscher Besatzung seine Arbeit zu tun. Nach dem Krieg übernahmen die Kommunisten Ungarn, Marái merkte, dass es für ihn als bürgerlichen Schriftsteller keine Zukunft hier gab. Den Rest seines Lebens verbrachte der Autor daher im Exil: Es folgten Stationen in Italien und den USA. Nachdem seine Frau, sein Bruder und auch noch sein Sohn kurz hintereinander starben, erschoss sich Márai am 15.1.1989.

Wichtigste und bekannteste Werke:

  • Die Eifersüchtigen, 1947
  • Die Glut, 1950
  • Die Nacht vor der Scheidung, 1951
  • Der Wind kommt vom Westen, 1964

Inhalt:

Die Glut beschreibt einen langen Abend in einem ungarischen Schloss und das lange Warten des Schlossherren auf seinen Jugendfreund. Henrik, ein alternder General hat über 40 Jahre darauf gewartet, dass Konrad zurückkehrt. In ihrer Jugend waren die beiden Jungen unzertrennlich, waren beinahe wie Zwillinge in ihrer Kadettenausbildung – trotz der unterschiedlichen Herkunft. Henrik aus gut betuchtem Elternhaus ohne Sorgen und  Konrad, dessen Eltern sich alles vom Mund absparen mussten, damit ihr Sohn eine gute Ausbildung erhält und das, obwohl der Junge eher künstlerisches Talent hat als das Zeug zum Soldaten. Ihre Freundschaft überdauert die Ausbildungszeit, beide machen Karriere, Henrik heiratet die hübsche Krisztina – und plötzlich ist Konrad von jetzt auf gleich verschwunden. In die Tropen soll er gereist sein, sich ein neues Leben aufbauen, ohne ein Wort des Abschieds. Was war der Auslöser für sein plötzliches verschwinden? Wieso hatten die beiden seit diesem Tag keinen Kontakt mehr? An diesem einen Abend wird die ganze Vergangenheit wieder ausgegraben, denn Henrik weiß den Grund ganz genau und hofft nun endlich seine Rache zu bekommen.

 

Unsere Meinung:

Márais kurzer Roman enthält alles, was eine gute Geschichte ausmacht: Freundschaft, eine unglückliche Dreiecksbeziehung, Geheimnisse und natürlich den Wunsch nach der großen Liebe. Statt der anfangs angekündigten Rache, die der General nehmen will, hält er einen Monolog, der eine ganze Nacht dauert. Dabei spricht er sich alles von der Seele, was er in den vergangenen 40 Jahren zurückgehalten hat. Nach und nach kommen dabei immer mehr dunkle Geheimnisse der Freundschaft an den Tag, die man so anfangs nicht erahnen konnte. Konrad selbst kommt eigentlich nicht zu Wort. Gemeinsam mit ihm lernen wir voller Anspannung, welche Taten Henrik aufdeckt, wieso die Freundschaft tatsächlich zu Ende ging. Intensiv und eindrücklich schilder Márai diese düstere Nacht und zieht einen hinein in die tiefen Abgründe der Seelen der Protagonisten. Unheimlich packende Prosa!

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4 Kommentare

  1. Liebe Britta,

    Sandor Marai kenne ich aufgrund seiner Tagebuchaufzeichnungen, die der PIPER Verlag als Taschenbuch herausgegeben hat. Ich fand die Gedanken des Schrifstellers zu allen möglichen Themen sehr poetisch und schön zum Lesen. Leider hat mich aber die Beschreibung der Geschichte zu “Die Glut” nie so wirklich überzeugt, weshalb ich dann auch das Buch nicht las. Es gibt einfach so viele Bücher, die ich noch vorher lesen möchte, aber deine Rezension dazu gefällt mir sehr gut. Lass dir liebe Grüße da 😉

    1. Hey Tinka,

      schön, dass dir mein Post gefallen hat. Vielleicht gibts du dir ja doch noch einen Ruck und liest das Buch. Ich fand es wirklich sehr toll!

      LG Britta

  2. Wie schön, dass du ein Buch von Márai vorstellst. Ich habe in letzter Zeit einige Bücher ungarischer Autoren gelesen, zuletzt György Dragománs “Der Scheiterhaufen” und Szilárd Borbélys “Die Mittellosen”. Von beiden Büchern war ich sehr begeistert. Viele Grüße!

    1. Hey Jana,
      wir versuchen ja bei unseren Lesetipps immer etwas andere, ausgefallene oder vergessene Autoren vorzustellen und auch immer Literatur aus anderen Ländern vorzustellen. Schön, dass das bei euch auch so gut ankommt.
      Von Dragománs und Borbély habe ich leider noch nichts gelesen. Danke für den Tip. Werde mir die beiden mal näher ansehen 🙂

      Liebe Grüße
      Britta

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