Junot Díaz: Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao

Das kurze wundersame Leben des Oscar Wao von Junot Díaz ist eine intensive Familiengeschichte, die die tragische Realität des dominikanischen Fluchs „fukú“ entfaltet. Díaz begleitet die dominikanische Familie Cabrál durch Jahrzehnte voller Schicksalsschläge – von der Gewaltherrschaft des Diktators Trujillo bis zu einem neuen Leben im New York der 1990er Jahre. Oscar, der Protagonist, sehnt sich unaufhaltsam nach Liebe und Anerkennung. Der Erzähler bleibt lange anonym und führt uns in einer nicht-linearen Erzählweise in die Tiefen dieser bewegten Geschichte.

Trujillo, der grausame Diktator, bleibt ein Schatten, der das Schicksal der Figuren bestimmt. Díaz zeigt, wie Trujillos Einfluss die Menschen selbst in der Ferne verfolgt. Die Figuren sind widersprüchlich, oft schwer zugänglich, und bleiben doch durch ihre Menschlichkeit nahbar. Oscars Mutter Belicia prägt die Geschichte genauso stark wie Oscar selbst, und Díaz gibt dabei Einblick in die Härte, mit der diese Familie kämpft.

Díaz verfasst den Roman in einem Mix aus Deutsch und Spanisch. Die Sprache sprüht vor Leben, voller dominikanischer Neologismen und gewagter Ausdrucksformen. Auch Oscars nerdige Vorlieben – von „Herr der Ringe“ bis Superheldencomics – verleiht dem Roman einen besonderen Stil und eröffnet die sensible Innenwelt des Protagonisten. Oscars scheiternde Suche nach Liebe und Identität zieht uns tief in das tragische Herz der Erzählung. Und obwohl man sein unweigerliches Schicksal ahnt, hofft man bis zur letzten Seite mit ihm.

Mit dieser eindringlichen Geschichte verbindet Díaz magischen Realismus mit einer schonungslosen Analyse von Männlichkeit, Identität und Trauma in der dominikanischen Diaspora. Ein eindrücklicher Roman, der uns die Last und das Erbe der Geschichte spüren lässt – und uns nicht mehr loslässt.

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