Bei meinem letzten Lesetipp habe ich euch ja bereits H.G. Wells etwas näher vorgestellt, welche Rolle er für die Gattung der Dystopien und Steampunk hatte. Wer den Beitrag noch nicht gesehen oder gelesen hat, kann das hier nachholen: Klick! Der Fischer Verlag hat Anfang dieses Jahres nämlich zwei wunderschöne Neuauflagen von Wells` Zeitmaschine und Krieg der Welten herausgegeben, die von Hans-Ulrich Möhring neu übersetzt wurden und mit zusätzlichen Informationen im Anhang versehen wurden. Da konnte ich einfach nicht widerstehen, da diese Klassiker des Vater der Science-Fiction schon lange auf meiner Wunschliste standen.
Wissenschaftler entdecken unregelmäßige und ungewohnte Vorkomnisse auf dem Mars. Es werden im Observatorium leuchtende Gase und grelle Lichter gesehen. Kurz darauf wird eine Sternschnuppe entdeckt und ein Meteorit landet in England. Doch bei näherer Untersuchung wird festgestellt, dass es sich dabei um ein Raumschiff handelt. Schaulustige versammeln sich um den Einschlagskrater und beobachten, wie sich plötzlich eine Luke öffnet und ein Tentakel zum Vorschein kommt. Als das Militär das Raumschiff näher untersuchen will, wird die ganze Delegation durch einen Hitzestrahl getötet.
Angriff der Marsianer
Die Lage scheint ziemlich aussichtslos. Denn die mit dem eintreffen des ersten Raumschiffs erfolgt ein ungleicher Kampf mit den Marsianern, die der Menschheit haushoch überlegen sind. Immer mehr Marsianer landen auf der Erde, töten die Menschen mit ihren Hitzestrahlen, zerstören Häuser und das Militär kann nichts gegen sie ausrichten, denn die Waffen der Menschen scheinen den fremden Wesen nichts anhaben zu können.
Geschildert werden die Erlebnisse aus der Sicht eines namenlosen Philosophen, der mitten in diesen Geschehnissen steckt, versucht mit seiner Familie zu flüchten, von seiner Frau getrennt wird und sich schließlich in einem Haus verschanzt. Er berichtet über die Zerstörung, Unterjochung, beschreibt die Panik, Verzweiflung und Ungerechtigkeit. In der Bevölkerung munkelt man, dass die Marsianer die Menschheit nicht auslöschen, sondern versklaven will. Und die Menschen sich wiederum damit irgendwann abfinden wird:
Und wenn eine Menge Leute das Gefühl haben, dass man eigentlich etwas tun müsste, dann werden die Schwachen und diejenigen, die sich mit einem Haufen komplizierter Gedanken schwach machen, ganz schnell eine Tut-lieber-nichts-Religion erfinden, sehr heilig und heuchlerisch, die darauf hinausläuft, dass man sich der Verfolgung und dem Willen des Herrn unterwerfen muss.
Wells beweist mit Krieg der Welten erneut, dass er nicht nur ein brillianter, kreativer Schriftsteller ist, sondern auch noch unglaublich modern, zukunftsweisen, vorausschauend und gesellschaftskritisch er ist. Veröffentlich wurde das Buch 1898 – also noch vor den beiden Weltkriegen – die in ihrer zerstörerischen Kraft erschreckend nah an Wells’ Vision herankommen sollten. Die Zerstörung Englands durch die Marsianer erinnert dabei nur zu stark an die Verwüstung und das Morden in Europa nur wenige Jahrzehnte später. Gleichzeitig lässt sich dieses Szenario auch nur zu gut mit der Kolonialisierungspolitik Englands vergleichen, die ganze Völker in Afrika unterjochte und auslöschte und die Geschichte somit gar nicht mehr so Wirklichkeitsfern wirken lässt. Durch den Vergleich des Menschen mit Ameisen könnte man dies auch noch auf die Ausrottung diverser Tierarten durch die Menschheit erweitern.
Auf der anderen Seite ist Wells’ Vision der Marsmenschen unheimlich zukunftsweisend. Schließlich erinnern die Hitzestrahlen der Marsianer stark an unsere heutigen Laser. Und man darf auch nicht vergessen, dass es zu Wells Zeit noch nicht möglich war Raumschiffe oder Satelliten ins All zu schicken.
Beim Erzählstil bleibt Wells’ sich auch bei Krieg der Welten wieder treu. Die Handlung wird in einem relativ nüchternen Stil beschrieben, der Protagonist ist namenlos und schildert uns seine Erlebnisse wie bei einem Tatsachenbericht, ähnlich wie bei Defoe oder Jules Vernes.
Massenpanik in den USA
Natürlich wurde auch dieses Buch von Wells` verfilmt. Viel spannender ist allerdings, dass die Geschichte auch von Orson Welles als Hörspiel in Form einer fiktiven Reportage adaptiert wurde. Am Abend vor Halloween 1938 wurde das ganze ausgestrahlt und der Handlungsort in die USA verlegt. Was folgte, war unglaublich! Denn zahlreiche Hörer hielten die Reportage für Realität. Angeblich soll es sogar eine Massenpanik gegeben haben, weil die Umsetzung der literarischen Vorlage so echt wirkte.
Vielen Dank an den Fischer Verlag für das Rezensionsexemplar!
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