Der zweite Teil von Elizabeth Jane Howards Cazalet-Chronik beginnt genau dort, wo der erste aufhörte. In “Die Zeit des Wartens” beginnt der Zweite Weltkrieg in Europa Form anzunehmen. Die Männer werden nach und nach eingezogen oder müssen versuchen, daheim das besten aus der schwierigen Lage zu machen. Denn auch das Geschäft der Familie leidet natürlich unter den historischen Geschehnissen. Der Fokus liegt aber im zweiten Band ganz klar auf den Frauen, allen voran den Cousinen Louise, Polly und Clary.
Die drei Mädchen sind inzwischen zu Teenagern herangereift und befinden sich in einem merkwürdigen Schwebezustand zwischen Kindheit und Erwachsensein. Schwer genug, in diesem Moment herauszufinden, zu was für einem Menschen man werden will. Aber diese drei müssen das auch noch in einer Zeit, in der nichts sicher ist. Niemand weiß, wo der Krieg sie hinführen wird. Und was er mit ihren Familien macht.
Louise träumt von nichts anderem als Schauspielerin zu werden. Sie lässt die Familie hinter sich, lebt mit einer Theatergruppe und gibt Laienaufführungen. Dabei sind die Schauspieler oft kurz vor dem Verhungern. Was Louise antreibt ist der Wunsch nach Berühmtheit. Clary hat dagegen mit ganz anderen Sorgen zu kämpfen: ihr Vater Rupert wurde eingezogen und gilt inzwischen als vermisst. Niemand weiß, ob man ihn jemals wieder finden wird. Nur Clary scheint die Hoffnung nie aufzugeben, dass ihr Vater doch noch gefunden wird. Polly wiederum sorgt sich um ihre Mutter, die schwer erkrankt ist, es aber vor allen geheim halten will.
Auch die anderen Familienmitglieder werden natürlich von Elizabeth Jane Howard weiter beleuchtet. Es sind immer noch eine ganze Reihe Namen, an die man sich hier gewöhnen muss. Aber nach dem ersten Band ist es definitiv besser geworden. Worüber man sich aber eher bewusst sein muss, ist, dass Howard eine sehr langsame und detaillierte Erzählerin ist. Wir tauchen hier immer wieder in die Tiefe der einzelnen Charaktere ab, lernen sie besser kennen, ihre Emotionen, ihre Hoffnungen, was sie antreibt. Es ist kein schneller Actionroman. Wer viel oder aufregende Handlungen erwartet, wird dieses Buch bitter enttäuscht zur Seite legen oder gelangweilt abbrechen.
Für Leser, die sich aber auf diese langsamen, detaillierten Handlungen einlassen wollen, ist Die Zeit des Wartens genau das richtige Buch. Mir hat es defintiv auch um vieles besser gefallen, als der vorherige Band Die Jahre der Leichtigkeit. Zwar sind die Kinder im Haus noch immer nicht erwachsen, aber die albernen und kindischen Streitereien, die mich in Band eins so gestört haben, sind inzwischen fast verschwunden.
Auch wenn sie zwar etwas egoistisch und eingebildet wirkt, hat mich Louise irgendwie am meistens begeistert. Sie brennt so sehr dafür, etwas aus ihrem Leben zu machen, voranzukommen, nicht nur stoisch Zuhause zu sitzen und auf Geschehnisse zu warten. Clary und Polly sind dagegen noch etwas passiv-naiv für meinen Geschmack. Ich bin deshalb froh, dass ich Elizabeth Jane Howards Cazalet-Chronik noch eine zweite Chance gegeben habe.
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