Djaimilia Pereira de Almeida: Seebeben

Die angolanisch-portugiesische Autorin Djaimilia Pereira de Almeida hat bereits acht Romane und etliche Essays im portugiesisch-sprachigen Raum veröffentlicht. Nun ist mit „Seebeben“ ihr zweiter Roman in deutscher Übersetzung im Unionsverlag erschienen.

„Seebeben“ kann fast als eine Art innerer Monolog in Form von Briefen gelesen werden. Der alte Boa Morte da Silva stammt aus dem Süden Angolas. In seinem Heimatland hat er sich für die portugiesische Armee rekrutieren lassen. Nun verbringt er seinen Lebensabend in Lissabon – ohne Geld und auf der Straße. Seine Gefährten sind ein Straßenhund namens Jardel und Fatinha, ein ebenfalls obdachloses Mädchen, das an Schizophrenie leidet.

Wenn Boa Morte nicht dabei ist, sich etwas Kleingeld zu erarbeiten oder zu erbetteln, blickt er zurück auf sein Leben: In Angola hat er eine Frau und eine kleine Tochter zurückgelassen. Seine Gedanken sind vor allem bei seiner Tochter, die inzwischen erwachsen geworden ist. In Briefen und Notizen „spricht“ er mit ihr, schildert sein Schicksal und wie sehr er sie vermisst.

Pereira de Almeida Sprache trifft wie ein Tsunami

„Seebeben“ trifft den Leser wie eine große Welle! Die Schicksale von Boa Morte und Fatinha sind unfassbar ergreifend. Das Buch rüttelt uns wach. Es weckt uns aus unserer Abgestumpftheit. Denn Djaimilia Pereira de Almeida führt uns vor Augen, dass die Menschen am Rande der Gesellschaft genauso leiden und fühlen wie alle anderen. Sie haben ihre Schicksale und Geschichten. Sie lieben und leiden. Peirera de Almeidas Buch zwingt uns, diesen Menschen (zumindest literarisch) in Gesicht zu schauen und sie wahrzunehmen. Es ist eine Geschichte über Sehnsüchte, Träume und Reue.

Dabei bedient sich die Autorin einer wundervoll einfühlsamen und bildhaften Sprache. Besonders berührt hat mich zum Beispiel dieses Zitat: „Das Sprichwort besagt: Wenn ein Mensch stirbt, stirbt eine Bibliothek. Die Straße zermürbt die Reife. Hunger ist schlimmer als Motten. Was bin ich? Eine zerrissene Enzyklopädie, die den Tag in der Kälte verbringt.“ Dieses Buch kann einen eigentlich nicht gleichgültig lassen!

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