Den großen Gatsby kennt spätestens seit dem Film mit Leonardo DiCaprio wohl jeder. Doch was ist mit den anderen Büchern von F. Scott Fitzgerald? Ich selbst habe – außer Gatsby – bisher nur noch einige Kurzgeschichten von Fitzgerald gelesen. Jetzt habe ich mir seinen Roman „Zärtlich ist die Nacht“ aus dem Jahr 1934 vorgeknüpft – und ich muss sagen, ich bin sehr verleibt in diese tragisch-schöne Geschichte um das Ehepaar Dick und Nicole Diver.
Let’s meet the Divers
Wir treffen die beiden zum ersten Mal an einem Strand in Südfrankreich. Sie sind schön, charmant und reich. Alle um sie herum sind beeindruckt von diesem Power Couple. Allen voran die junge Schauspielerin Rosemary Hoyt, die sich sofort in Dick verguckt.
Die Divers sind der Inbegriff von Coolness, sie sind selbstsicher, weit gereist und stylish. Die beiden gehören zu einer Gruppe wohlhabender Amerikaner, die in Europa herumreisen.
Nach und nach erfahren wir, wie die beiden sich kennenlernten: Nicole leidet als Folge eines Missbrauchs durch ein Familienmitglied an Schizophrenie. Dick ist einer der Ärzte, die sich um die junge Frau kümmern. Sie verliebt sich in ihn und schreibt ihm Briefe. Dick überschreitet schließlich die Grenzen zwischen Patient und Arzt. Er ist fasziniert von diesem schönen und tragischen Wesen. Und auch Nicoles Schwester forciert diese Verbindung, weil sie darin eine Heilungsmöglichkeit für ihre Schwester sieht.
Nach Jahren des Reisen, Schwangerschaften und des Lebens in Saus und Braus merkt Dick, wie abhängig er finanziell von Nicole ist. Er hat seine Arbeit völlig liegen lassen. Und schließlich hat er sich auch auf eine Affäre mit Rosemary eingelassen. Und er gibt sich immer mehr dem Alkohol hin. Die Fassade des Power Couples beginnt langsam zu bröckeln. Während Dicks und Nicoles Abhängigkeit voneinander immer unsicherer wird, beginnen die Einflüsse von außen immer mehr Keile zwischen sie zu treiben. Es ist, als würde man den Zerfall eines Denkmals beobachten.
Autobiografisches aus Fitzgeralds Leben
„Zärtlich ist die Nacht“ ist eine Geschichte über unangemessene Beziehungen und gescheiterte Ehen, über bröckelnde Fassaden und verblassende Träume. Dabei sind zahlreiche Aspekte aus Fitzgeralds Leben unweigerlich in die Handlung eingeflochten Die besondere Beziehung zwischen Fitzgerald und seiner Frau Zelda hat der Autor oft in seinen Werken eingeflochten. F. Scott Fitzgerald trank zu viel. Zelda glitt langsam in den Wahnsinn ab. Sie starb mit 47 und er mit 44 Jahren. Ihr Leben war zu schnell zu Ende.
In diesem Buch nun gelingt es Fitzgerald auf wunderbare Weise, diese Welt der unendlichen Möglichkeiten, die die 1920er Jahre so sehr prägte, in Szene zu setzen. Für das Heute zu leben, sich nicht um das Morgen zu sorgen und die Vergangenheit nicht zur Last der Gegenwart werden zu lassen. Während er uns diese glitzernde Welt zeigt, beginnt er, den Vorhang zurückzuziehen, um die Dunkelheit zu enthüllen, die alles zusammenhält.
Fitzgerald – ein Meister der Erzählkunst
Es ist ein trauriger Roman über gescheiterte Liebe, Untreue, Co-Abhängigkeit und Alkoholismus. Mit jeder Seite nimmt diese Anspannung zu. Und dennoch besticht dieses Buch durch Fitzgeralds wundervollen Stil und seine lyrische Schreibe. Eine seelenvolle Melancholie schwingt in jeder Seite mit und halt den Leser in Bann. Auch wir sind völlig fasziniert von Dick und Nicoles Persönlichkeiten.
Für mich war „Zärtlich ist die Nacht“ auf jeden Fall ein ganz besonderes Leseereignis. Fitzgerald hat einfach intensive Art, mit der er Gefühle und Situationen beschreibt. Mich haben seine Schilderungen völlig in die Buchseiten hineingezogen und ich wollte den Roman gar nicht zur Seite legen. Völlig unverständlich, dass dieses Buch nach seinem Erscheinen zunächst ein Flopp war. Für mich ist es ein wundervoller Klassiker, den ich sofort weiterempfehlen würde.