„Jenseits des indischen Weilers, an einem einsamen Gestade, stieß ich auf eine Spur frischer Fußabdrücke“
Was haben ein Anwalt auf Weltreise, ein hochverschuldeter Komponist, eine engagierte Journalistin, ein alternder Verleger, ein koreanischer Klon und ein junger Ziegenhirte gemeinsam? – Klingt ein bisschen wie der Beginn eines schlechten Witzes. Aber in Wirklichkeit verbirgt sich dahinter die faszinierende Story von David Mitchells Wolkenatlas. Darin verbindet er die Schicksale von sechs (anscheinend) völlig unterschiedlichen Menschen und benutzt dabei auch noch sechs völlig unterschiedliche Schreibstile. Nach dem großen Rummel um den Kinofilm und als ich den spannenden Trailer dazu gesehen hatte, wollte ich das Buch unbedingt lesen. Und ich war wirklich begeistert! Dabei hat die Story es wirklich in sich und ist gar nicht so einfach zusammenzufassen, da die Erzählstränge alle ganz verschiedene Handlungen haben. Zunächst wird von jeder Geschichte nur der Anfang geschildert, bis es nach der sechsten Geschichte wieder zurück geht und der Leser die Enden erfährt. Hier nun der Versuch, euch die einzelnen Storylines kurz zu erklären:
Das Buch beginnt in 1850gern mit den Abenteuern von Adam Ewing. Der Notar, der wegen einer Erbschaftsangelegenheit von San Francisco nach Australien gereist ist, befindet sich auf dem Heimweg, als sein Schiff auf den Chatham-Inseln repariert werden muss und dort Zeuge der Unterdrückung der Eingeborenen wird.
Der zweite Protagonist ist Robert Frobisher, ein mitteloser Musiker, der vor seinen Gläubigern nach Belgien flieht und dort bei dem berühmten, aber kranken Komponisten Vyvyan Ayrs unterkommt und in die Lehre geht. Schnell findet Frobisher sich in einem Beziehungsdreieck zwischen seiner Zuneigung zu seinem Lehrer, der mit seiner Hilfe wieder aufblüht, und dessen Frau, die Nachts heimlich Frobishers Bett aufsucht.
Lana Rey ist die Dritte im Bunde. Sie ist eine engagierte Journalistin, die aber leider in einer langweiligen Anstellung bei einem Klatschblatt feststeckt. Doch als sie plötzlich auf die Spur von einem kaputten Kernreaktor kommt, gerät ihr Leben völlig aus der Bahn.
In der vierten Geschichte lernen wir Timnothy Cavendish kennen. Er ist Verleger, der gerade so über die Runden kommt, bis er plötzlich mit einem Buch den Durchbruch erzielt. Doch mit dem Ruhm kommen auch die Probleme – Cavendish wird plötzlich erpresst. Er bittet seinen Bruder um Hilfe. Doch der will ihm kein Geld leihen. Stattdessen gibt er ihm einen Tipp, wo er sich gut vor seinen Verfolgern verstecken kann. So landet Cavendish im Haus Aurora und muss plötzlich feststellen, dass er in einem Altersheim feststeckt.
Sonmi~451s Abenteuer nehmen den Leser mit in die Zukunft. Sonmi ist ein Klon, die eigentlich dafür erschaffen wurde, in einem Fastfood-Restaurant zu bedienen. Aber Sonmi steigt aufgrund ihres Wissensdursts aus diesem Leben auf, darf an der Universität studieren und lernt den Studenten Hae-Jo kennen. Plötzlich stürmt die Polizei die Universität. Sonmi und Hae-Jo fliehen gemeinsam und so langsam stellt sich heraus, dass Hae-Jo nur vorgab ein Student zu sein…
Es geht weiter in die Zukunft. Die Welt mit ihrem technischen Fortschritt, so wie Sonmi sie kannte, existiert nicht mehr. Stattdessen Leben die Menschen wieder sehr ursprünglich. In dieser Zeit lebt der Ziegenhirte Zachary in einem kleinen Dorf. Einmal im Jahr bekommen sie dort Besuch von den „Prescients“, einem Volk, dass doch noch den alten Fortschritt besitzt, und deshalb von den Dorfbewohnern sehr skeptisch begutachtet wird. Trotzdem wird auf die Bitte eine der Prescients, Meronym, von den Dorfbewohnern für ein Jahr aufgenommen. Zachary ist überhaupt nicht begeistert, dass seine Familie die Fremde beherbergen soll. Als Meronym ihn aber vor der Geiselnahme durch einen barbarischen Kona-Stamm beschützt, ändert sich nicht nur ihr Verhältnis, sondern Zacharys ganzes Leben…
Mitchells Roman nimmt den Leser mit auf eine Reise durch die Zeit vom 19. Jahrhundert bis in die Ferne Zukunft und wieder zurück. Aber auch durch die Literatur. Denn jede Geschichte ist, wie schon gesagt, in einem ganz anderen Stil geschrieben: ein Tagebuch, ein Briefroman, ein Krimi, Memoiren, ein Interview und schließlich eine Erzählung. Dabei werden die Protagonisten jeweils zum Leser ihres Vorgängers: Robert Frobisher findet das Tagebuch von Adam Ewing in einer Bibliothek, Luisa Rey bekommt die Briefe über Frobishers besten Freund zugespielt; Timothy Cavendish bekommt Luisas Abenteuer als Manuskript zugeschickt; aus Cavendishs Memoiren wird ein Film, den Sonmi sieht; und Zachaery hört Sonmis Interview in einem Orator, den er findet. So erfährt der Leser gemeinsam mit den Figuren über das Schicksal der anderen. Und auch über das kometenförmige Muttermal, das alle Protagonisten besitzen…
Ich fand es wirklich spannend die einzelnen Schicksale zu verfolgen. Natürlich bricht die Handlung immer dann ab, wenn es grad am spannendsten ist. Aber man ist so schnell wieder in der neuen Story drin, dass es gar nicht schlimm ist. Nur die Erzählung von Zachery fand ich etwas anstrengend zu lesen, weil sie in seinem „einfachen“ Sprachstil, der zwar zu der ursprünglich-schlichten Umgebung Zacherys passt, aber zum Lesen doch etwas nervig ist. Insgesamt hat mir das Buch wirklich sehr gut gefallen und nun bin ich schon sehr gespannt, wie das Ganze in dem Film umgesetzt wurde!
Hey Anette,
ach echt? Muss ich doch gleich mal nachschauen. Da gibt es bestimmt jeden Menge spannende Details, die diskutiert werden. Unter welchem Namen kann ich dich denn da finden?
Liebe Grüße
Cat
Hallo Catherine, aha, echt interessant, vielleicht sollte ich das Buch doch auch noch auf Deutsch lesen 😉 Über das Buch könnte man wirklich endlos diskutieren, da gibt es so viel. Auf Goodreads gibt es z. B. ne echt interessante Diskussion.
LG Anette
Hey Anett,
vielen Dank für deinen lieben Kommentar.
Die Entwicklung der Sprache war im deutschen Text schon auch zu erkennen. Ich habe jetzt natürlich nicht den direkten Vergleich, aber Zacharys Sprache war eine Mischung aus "primitivem" Slang und neuen Wortbildungen, wie z.B. "das Clever" der Alten, von dem er immer spricht. Aber auch das typische Weglassen des Es an Wortanfängen (Xperiment statt Experiment). Ist schon echt spannend, was Mitchell alles in diesem Buch versteckt. Wahrscheinlich wird man bei noch viel mehr Sachen entdecken, wenn man es das nächste mal liest.
LG Catherine
Hallo Catherine,
schöne Rezension! Was mich besonders interessiert ist, wie in der Übersetzung die Weiter- bzw. Rückentwicklung der Sprache gehandhabt wurde. Zachrys Geschichte war im Original auch schwer zu lesen und es war erkennbar, dass es sich um eine zukünftige Sprache handelt, es war also nicht nur eine sehr einfache Sprache, die auch eine ungebildete Person in der Vergangenheit hätte sprechen können, sondern auch die Wörter und ihr Gebrauch haben sich verändert. Ist es im Deutschen auch so oder einfach nur ein sehr einfaches Deutsch?
LG Anette
Hey Nicole!
Schön, dass du dich zu uns gefunden hast 🙂
Der Wolkenatlas ist wirklich super, weil die Geschichten alle so anders und so faszinierend sind. Wünsche dir ganz viel Spaß beim Lesen.
LG Cat
Hallo (:
Bin über die "Blogger schenken Lesefreude" Aktion zufällig über deinen Blog gestolpert und habe mich total gefreut, dass ich eine Rezi über "Der Wolkenatlas" gefunden habe (:
Hab das Buch vor ein paar Tagen beim stöbern im Internet entdeckt und schon gekauft- hatte aber noch so wenig darüber gehört…
Aber nach deiner Rezi freu ich mich jetzt umsomehr aus Lesen :))
LG Nicole
Hey Manu,
vielen Dank für deinen Kommentar. Ich fand das Buch auch echt klasse!
LG
Cat
Hey!
Cooles Buch! Hab ich auch grad gelesen! Das ist wirklich eine ganz besondere Geschichte.
VG
Manu