Stadt aus Glas
Hinter verschlossenen Türen
Der namenlose Ich-Erzähler von Austers dritter Novelle wird plötzlich von seiner Vergangenheit eingeholt. Plötzlich steht die Ehefrau seines Freundes aus Kindertagen, Fanshawe, vor seiner Tür und eröffnet ihm, dass ihr Mann spurlos verschwunden ist. Man vermutet, dass er tot ist und der Ich-Erzähler soll die gesammelten Schriften und Manuskripte von Fanshawe durchsehen und prüfen, ob sie es Wert sind veröffentlicht zu werden. Er nimmt sich dieser Aufgabe an, geht mit den Werken zu einem Verleger und schließlich werden die Schriften von Fanshawe ein großer Hit! Etwas noch nie dagewesenes. Gleichzeitig verliebt sich der Ich-Erzähler in Sophie, Fanshawes Noch-Ehefrau, und gerade als die beiden beginnen eine Beziehung aufzubauen, erhält er einen Brief von Fanshawe – der nicht tot ist, sondern sich nur versteckt hält. Fanshawe bittet ihn, Sophie zu heiraten, sich um seinen kleinen Sohn zu kümmern und ja nicht nach ihm zu suchen, denn sonst müsse Fanshawe ihn umbringen. So gerät der Ich-Erzähler in den Zwiespalt: Soll er Fanshawe suchen und herausfinden, warum er sich versteckt? Und was soll er Sophia sagen?
Die New York-Triologie war für mich ein unheimlich tolles Lesererlebnis. Mich haben diese drei Geschichten unheimlich gefesselt. Wie bei einem Krimi versucht man immer dahinter zu kommen, was hier eigentlich gerade los ist. Und man muss sich immer fragen: Was ist wirklich und was nicht? Gleichzeitig werden in der letzten Geschichte aus die Fäden zusammengezogen und Verbindungen zu den anderen beiden Erzählungen hergestellt.
Für Literaturliebhaber ist es außerdem spannend zu sehen, wie Auster andere Literaten und bekannte Bücher und Geschichten in seine Handlungen einbaut. So geht es in Stadt aus Glas viel um Cervantes Don Quijote, in Schlagschatten lesen Brown und Black das Buch Walden von Thoreau und in Hinter verschlossenen Türen ist bereits der Name Fanshawe in Anlehnung an Nathaniel Hawthornes Roman angelegt.
Auster spielt die ganze Zeit mit den Erwartungen der Leser. Man denkt, einen Krimi zu lesen. Und zunächst scheint auch alles seinen gewohnten Gang zu gehen. Doch dann driften die Storys jeweils in eine andere Richtung ab. Es geht um das Schicksal, um den Zufall, um exzessive Leidenschaften und den Verlust des Ichs. Gleichzeitig wird mit dem Verhältnis Autor – Protagonist – Leser gespielt. Das fällt gleich zu Beginn von Stadt auf Glas auf, wenn Quinn, der Krimi-Autor, gefragt wird, ob er Paul Auster ist, und sich später auch noch als die Detektivfigur aus seinen eigenen Krimis ausgibt. So wie sich diese Grenzen für den Leser verschieben, verschieben sie sich aber auch für die Figuren, die sich selbst in ihrer Geschichte zu verlieren scheinen.