Murakami ist für mich ein Autor, den ich seit Jahren lese und bewundere. Seine Romane haben mich oft in Zwischenwelten geführt, in denen Realität und Traum ineinanderfließen. Auch Die Stadt und ihre ungewisse Mauer verspricht genau das – und doch hat mich das Buch diesmal nicht ganz überzeugt.
Die Geschichte beginnt mit einer Jugendliebe. Ein siebzehnjähriger Junge verliebt sich in ein Mädchen, das ihm von einer geheimnisvollen Stadt erzählt. Diese Stadt liegt hinter einer Mauer und kann nur betreten werden, wenn man seinen Schatten zurücklässt. Jahre später kehrt der Erzähler in diese Stadt zurück, arbeitet dort als Traumleser in einer Bibliothek und begegnet dem Mädchen wieder. Doch sie erkennt ihn nicht.
Der Roman ist in drei Teile gegliedert. Nach dem Aufenthalt in der Stadt folgt ein Abschnitt in der realen Welt. Der Erzähler kündigt seinen Job in Tokio und zieht in eine ländliche Bibliothek. Dort trifft er auf rätselhafte Figuren, darunter ein Junge mit Inselbegabung, eine Sekretärin mit Sinn für Ordnung und den Geist eines ehemaligen Direktors. Auch hier bleibt die Grenze zwischen Wirklichkeit und Fantasie durchlässig.
Murakami greift viele seiner bekannten Motive auf: Schatten, Bibliotheken, Musik, verlorene Liebe, magischer Realismus. Die Sprache ist wie immer klar und ruhig, die Atmosphäre melancholisch. Es trifft immer noch seinen ganz eigenen flirrenden Erzählton. Ich habe das Buch mit Neugier begonnen, aber irgendwann die Orientierung verloren. Die Erzählung ist fragmentarisch, die Übergänge zwischen den Teilen sind sprunghaft. Es fehlt ein innerer Rhythmus, der mich trägt. Stattdessen hatte ich das Gefühl, durch Nebel zu laufen – mit schönen Bildern, aber ohne Richtung.
Für mich waren es in diesem Fall sehr viele lose Enden, die ich für mich nicht miteinander verknüpfen konnte. Auch wenn es atmosphärisch wieder etwas ganz besonderes war. Ist „Die Stadt und ihre ungewissen Mauer“ nicht mein Favorit unter den Murakami Büchern.



