Benjamin Myers: Cuddy. Echo der Zeit

Cuddy von Benjamin Myers kommt als ein ziemlich experimenteller Roman daher, der in seiner Struktur und Erzählweise ungewöhnliche Wege beschreitet. Der Roman besteht aus vier separaten Novellen, die sich um den nordenglischen Heiligen Cuthbert drehen und in verschiedenen Epochen angesiedelt sind. Jede Novelle ist in der Sprache und dem Stil der jeweiligen Zeit verfasst.

Die Geschichte beginnt mit einem Prolog, der Cuthberts Tod im Jahr 687 schildert. Danach geht es im Jahr 995 weiter, wo die Suche nach einer endgültigen Ruhestätte für die Gebeine des Heiligen im Mittelpunkt steht. Diese frühen Abschnitte sind in einer Art mittelalterlicher Poesie verfasst, die, obwohl stilistisch interessant, für mich schwer zugänglich waren. Die Sprache ist anspruchsvoll und erfordert besondere Aufmerksamkeit. Insgesamt wirken die ersten 200 Seiten des Buches sehr abgehakt auf mich. Es gab keinen richtigen Lesefluss. Nur viele Absätze aus Quellenangaben und kryptische Formulierungen.

Auch die nächsten Abschnitte haben für mich die Story leider nicht mehr so recht retten könne.  Myers geht dann zwar zu einer reinen Prosadarstellung über. Doch die Charaktere waren für mich einfach blass. Ihre Schicksale haben mich nicht packen könne.

Was schade ist, denn gerade das war es, was Myers bisherige Werke für mich so besonders gemacht haben. Gerade „Offene See“ hat durch seine einfühlsame Charakterzeichnung und die intensive Atmosphäre brilliert. Davon war bei Cuddy irgendwie nichts zu spüren. Hier gibt es keine bildhafte Sprache, detailverliebte Landschaftsbeschreibungen oder die einfühlsamen zwischenmenschlichen Beziehungen der Figuren. Die intensive Atmosphäre und die tiefen Gefühle, die Myers zwischen den Zeilen aufsteigen ließ, sind hier nicht zu spüren.

Stattdessen wirkt Cuddy wie ein ambitionierter Versuch, historische und literarische Stile zu verbinden. Der Text wirkt wie ein Schreibexperiment. Oder wie der Versuch, an den Stil vom „Wolkenatlas“ heranzukommen.  Mutig könnte man dieses Experiment nennen. Doch für mich blieb es ein Buch, das mich nicht wirklich umgehauen hat.

Aber ich werde Benjamin Myers zukünftigen Werke dennoch im Auge behalten. Denn sein Talent als Schriftsteller ist unbestritten. Auch wenn Cuddy mich persönlich nicht überzeugen konnte.

Facebooktwitterrssinstagram

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert