Eckdaten zum Autor:
Aphra Behn war die erste Berufsschriftstellerin Englands. Sie lebte zwischen 1640 und 1689. Bereits zu ihren Lebzeiten waren ihre Romane und Bühnenstücke unheimlich populär. Um ihr Leben ranken sich zahlreiche Irrtümer und Gerüchte. Zum Teil wuchs sie in Surinam auf, wo ihr Vater als Gouverneur arbeiten sollte. Doch er verstarb bereits auf der Fahrt dorthin und ein umdrehen des Schiffes war nicht möglich.
Neben dem Schreiben war sie u.a. auch als Spionin tätig und versuchte für Charles II in Antwerpen politische Geheimnisse herauszufinden. Da sie aber für ihre Arbeit nicht entlohnt wurde, wollte sie anschließend unbedingt finanziell unabhängig sein.
Das gelang ihr auch. Ihre Stücke und Romane waren ein großer Erfolg. Der aber auch Neid einbrachte. So musste sie für ihre freizügigen Stück auch harsche Kritik einstecken. 1682 wurde sie sogar wegen zu großer Freizügigkeit verhaftet, kam aber kurz darauf wieder auf freien Fuß:
Eins will ich dazu doch sagen, auch wenn es meinem Wesen widerspricht, denn es liegt Eitelkeit darin: Wäre das Stück unter dem Namen eines Mannes erschienen, und es wäre nie bekannt geworden, dass es meins ist, wage ich zu behaupten, dass alle unvoreingenommenen und vernünftigen Kritiker zu dem Schluss gekommen wären, diese Komödie sei so gut wie viele, die von Männern in unserer Zeit geschrieben werden. Aber ist das Stück von einer Frau, wird es, Teufel noch mal, verdammt.
Aphra Behn: Oroonoko
Behn übte zwar noch Einfluss auf ihre direkt nachfolgenden Schriftstellerinnen aus und verschwand dann für lange Zeit in den Bibliotheken. Erst Virginia Woolf holte Behn wieder aus der Versenkung, als sie in ihrem Essay A Room of One’s Own schreibt: „Alle Frauen müssten gemeinsam Blumen auf Aphra Behns Grab streuen… denn sie war es, die ihnen zuerst das Recht errang zu sagen, was sie denken“.
Wichtigste und bekannteste Werke:
- The Forces Marriage (Theaterstück), 1670
- The Rover (Theaterstück), 1677
- Oroonokoo, 1688
Inhalt:
In der kurzen Geschichte schildert Aphra Behn das Leben des Prinzen Oroonoko, der einst an der Goldküste (heute Ghana) lebte. Er verliebt sich in die wunderschöne Imoinda und hält um ihre Hand an. Doch auch der König, Oroonokos Großvater, hört von der Schönheit Imoindas und will die Frau für sich haben. Obwohl er gehört hat, dass sein Enkel die Frau bereits geheiratet hat, nimmt der König sie in seinen Harem auf. Die Liebenden treffen sich heimlich, werden aber entdeckt. Der König hat keine Gnade. Er verkauft Imoinda als Sklavin, erzählt Oroonoko aber, dass er sie getötet hätte.
Oroonoko wird kurz darauf mit seinen Männern von einem Sklavenhändler betrogen und gefangengenommen. Sie werden nach Surinam verschleppt und dort ebenfalls verkauft. Zwar wird Oroonoko dort kurzzeitig mit seiner Imoinda wieder vereint. Aber das Glück der beide steht unter keinem guten Stern…
Unsere Meinung:
Mit Oroonoko hat Aphra Behn nicht nur eine neue Form der Erzählung vorgelegt und Raum geschaffen für weibliche Autoren und Erzählstimmen, vielmehr hat sie auch einen authentisch wirkenden Bericht geschrieben, bevor Autoren wie Daniel Defoe diesen aufgriffen. Aber vor allem hat sie mit Oroonoko schon im 17. Jahrhundert ein Anti-Sklaverei-Buch vorgelegt. Der vermeintlich „ungebildete Wilde“ aus Afrika ist der eigentliche Held der Geschichte. Die weißen Herren, die ihm gegenüberstehen sind ihm moralisch absolut unterlegen.
Sowohl gegenüber dem Bootskaptein, von dem er verschleppt wird oder dem Sklavenhändler wird deutlich, dass Oroonoko – im Gegensatz zu den anderen Figuren – ein ehrenvoller Mann ist. Und das in einer Welt, in der das Konzept von Ehre noch eine ganz besondere Bedeutung zugeschrieben wird. Nicht ehrenvoll zu handeln oder zu lügen war im 17. Jahrhundert ganz anders verpönt als heutzutage. Wortbruch war eine große Schande und Anlass für ein Duell. Mit Oroonoko hat Aphra Behn eine Idealform für Ehre und Wahrheit geschaffen, die in der korrupten Gesellschaft verloren gegangen war. Obwohl er ein Skalve ist, ist sein Handeln immer noch ehren- und heldenhaft.
Oroonoko erwiderte darauf, es tue ihm leid zu hören, dass der Kapitän sich auf die Kenntnis und die Verehrung irgendwelcher Götter berufe, die ihn keine besseren Prinzipien gelehrt hätten, als anderen nicht das Vertrauen zu schenken, das man selbst erwartet. Der Kaptein jedoch, konnte sich nicht entschließen, dem Ehrenwort eines Heiden zu trauen, eines Mannes, der nicht einmaleinen Begriff von dem Gott habe, den er anbete.
Aphra Behn: Oroonoko
Der spätere Protest von Oroonoko gegen die Sklaverei zielt auf das Übel, Menschen als Eigentum zu betrachten, das gekauft und verkauft werden kann. Oroonoko prangert dieses moralisch verkommene System an:
Warum, meine lieben Freunde und Leidgenossen […] sollen wir Sklaven eines unbekannten Volkes sein?… wir wurden gekauft und verkauft wie Affen zum Vergnügen von Frauen, Narren und Feiglingen und um Gauner und Abtrünnige zu unterstützen, die ihre eigenen Länder verlassen mussten wegen Raub, Mord, Diebstahl und anderer Schurkereien. […] Sollen wir etwa solch einem heruntergekommenen Volk Gehorsam leisten, dem keine menschliche Tugend verblieben ist, um es von den gemeinsten Kreaturen zu unterscheiden?
Die Geschichte um Oroonoko ist recht schlicht und die Message sehr deutlich. Was mich aber am meisten faszinierte, ist das mystische Leben von Aphra Behn, das selbst nach einem Romaninhalt klingt. Hinzu kommt ihre Vorreiterrolle und ihre Bedeutung für die Literaturgeschichte, die auch in den Essays im Nachwort des Buches eindrücklich beschrieben werden. All das macht Oroonoko zu einer spannenden Lektüre für Literaturfans.