Lesetipp des Monats: Zum Leuchtturm

Eckdaten zum Autor:

Virginia Woolf zählt zu den erfolgreichsten Autorinnen der 1920iger Jahre und der Moderne. Sie lebte von 1882 bis 1941 in England, wuchs als Tochter einer wohlhabenden Intellektuellenfamilie auf und hatte als Literaturkritikerin und Essayistin Kontakte zu zahlreichen Schriftstellern. Schon als Kind war Virginia Woolf beeindruckt von der schriftstellerischen Arbeit ihres Vaters, der u.a. das Dictionary of National Biography herausgab. Mit dem Tod ihrer Mutter erlitt die damals 13jährige Virginia ihren ersten psychischen Zusammenbruch. Danach litt sie sehr unter der schwierigen Persönlichkeit ihres Vaters. Kurz vor dessen Tod 1904 stand sie ihre zweite psychische Krankheitsepisode durch. Über ihren Bruder lernte Virginia ihren Ehemann Leonard Woolf kennen, den sie 1912 nach einem weiteren Krankenhausaufenthalt heiratete. Ihre Depressionen wurden immer stärker und 1913 unternahm sie ihren ersten Suizidversuch. Trotz allem veröffentlichte Virginia Woolf 1915 ihren ersten Roman „The Voyage out“ (Die Fahrt hinaus). Wenig später gründeten sie und ihr Mann sogar einen eigenen Verlag, der sich auf moderne Literatur aus Großbritannien, den USA und Russland spezialisierte. Dort veröffentlichten sie nicht nur Virginias eigene Werke, sondern beispielsweise auch Manuskripte von Katherine Mansfield. Fun fact: James Joyce Ulysses wurde von ihnen abgelehnt. 1941 litt Virginia Woolf wieder stark unter Depressionen. Ihr Mann brachte sie zu einer Ärztin nach Brighton – einen Tag später entschied sie für den Freitod durch ertrinken.

Wichtigste und bekannteste Werke:

  • Die Fahrt hinaus, 1915
  • Mrs Dalloway, 1925
  • To the Lighthouse / Zum Leuchtturm, 1927
  • Orlando, 1928
  • A Room of One’s Own / Ein eigenes Zimmer, 1929

Inhalt:

Die Geschichte beginnt im Landhaus der Familie Ramsay auf der Insel Skye. Dort verbringt die Familie mit ihren acht Kindern den Sommer. Mit vor Ort sind Freunde und Gäste: Die junge Malerin Lily Briscoe, die dabei ist ein Bild des Hauses zu malen. Sie leidet stark unter Selbstzweifeln – und wird darin von dem weiteren Gast Charles Tansley bestätigt. Der pedantisch-langweilige Philosophiedoktorant ist der Meinung, dass Frauen weder schreiben, noch malen könnten. Andererseits bewundert er Mr Ramsays philosophische Abhandlungen. Mit dabei sind auch noch Augustus Carmichael, ein alter Dichter über den sich die Kinder lustig machen, sowie Minta Doyle und Paul Rayley, die von Mrs Ramsay verkuppelt werden sollen. Hauptmotiv der Geschichte ist aber die Frage des jungen James Ramsay: Ob man nicht einen Bootsausflug zum Leuchtturm machen könnte am nächsten Tag. Doch der strenge und harte Vater versichert ihn schnell, dass das Wetter nicht schön sein werde und man diesen Ausflug nie machen würde!

Die nächsten Kapitel der kurzen Geschichte setzen Jahre später ein, das Haus ist verfallen, einige Protagonisten bereits verstorben und immer kommt der Gedanke auf, doch irgendwann zu besagten Leuchtturm fahren zu können…

Unsere Meinung:

An dieser kurzen Zusammenfassung merkt man ziemlich schnell: In diesem Buch passiert nicht wirklich viel. Es gibt keine geballte Action. Nicht viel Handlung. Vielmehr geht es darum, in das Innere der Charaktere zu blicken. Ihre Seelenlandschaften zu entdecken. Wer sich darauf einlassen kann, wird mit einem wundervollen, kleinen Buch belohnt, das mit einer poetischen, intensiven Sprache aufwartet. In Zeitlupe tauchen wir hier in die Gedanken der Figuren ein, die zum Teil auch miteinander verkreuzt werden und sich der Stream-of-consciousness-Technik bedienen. Virginia Woolf verarbeitet hier ihre Kindheitserinnerungen an ihre Eltern. Vor allem in dem strengen, unnahbaren Mr. Ramsey erkennt man Woolfs Vater Sir Leslie Stephen wieder. Gleichzeitig schneidet die kurze Geschichte so viele intensive Themen an: Tod und Vergänglichkeit, die Kraft der Kindheitserinnerung, die Rolle der Frau, das Wesen der Kunst und natürlich die Beziehung zwischen Mann und Frau sowie Eltern und Kindern.

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