Jennifer Egan: Der größte Teil der Welt

„Der größere Teil der Welt“ von Jennifer Egan ist ein Roman, der mich mit seiner spielerischen und experimentellen Struktur beeindruckt hat. Durch eine Reihe von Kurzgeschichten beleuchtet Egan die Themen Zeit und Musik, indem sie die Leben ihrer Figuren auf unterschiedlichste Weise darstellt. Im Zentrum stehen Bennie Salazar, ein gealterter Musikproduzent, und Sasha, seine kleptomanische Assistentin, doch die Geschichten verknüpfen noch viel mehr Charaktere über verschiedene Zeiträume hinweg.

Besonders faszinierend sind die ungewöhnlichen Erzählmittel, die Egan einsetzt. Ein Kapitel ist komplett als PowerPoint-Präsentation gestaltet – ein mutiger und kreativer Ansatz, der das fragmentierte Erzählen auf eine ganz neue Ebene hebt. Es vermittelt die Themen Erinnerung, Familie und Verlust durch Diagramme und Aufzählungen, was mich in seiner Einfachheit und Emotionalität tief beeindruckt hat. Solche stilistischen Überraschungen finden sich immer wieder und machen das Buch zu einem besonderen Leseerlebnis.

Egan wagt ein musikalisch-literarisches Experiment

Die Musik dient als zentrale Metapher des Romans – sie steht für den Lauf der Zeit und die Verbindungen zwischen den Figuren. Musik zieht sich nicht nur durch Bennies Leben, sondern wird auch als Symbol für Veränderungen und Brüche im Leben der Figuren verwendet.

Gerade das war für mich ein super interessanter Ansatz. Denn Musik hat in meinem Leben immer schon eine große Rolle gespielt, nicht nur aktiv als Chorsängerin, sondern auch theoretisch bei meiner Magisterarbeit über Musik in der Literatur von Thomas Mann.

Trotz dieser brillanten Ideen hatte ich Schwierigkeiten mit der Fragmentierung von Egan. Einige Kapitel waren für mich sehr bewegend, andere wirkten fast zusammenhangslos. Dieser Kontrast erschwerte es mir, emotional völlig mitzugehen. Doch das macht das Buch vielleicht auch so besonders – es fordert vom Leser, aufmerksam und offen für die vielen losen Enden und Perspektivenwechsel zu bleiben.

Für mich bleibt der Roman von Egan ein interessantes Experiment, das beim zweiten Lesen sicherlich noch mehr enthüllen könnte. Jennifer Egan zeigt meisterhaft, wie Zeit uns trennt und verbindet, und bringt diese Dynamik auf so innovative Weise zum Ausdruck, dass man sich wünscht, mehr solcher literarischen Experimente zu finden.

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