Charlotte Roth: Die Stauffenbergs

In „Die Stauffenbergs“ schreibt Charlotte Roth über die Liebesgeschichte zwischen Claus und seiner späteren Frau Nina. Sie ist die Tochter des fränkischen Generalkonsuls und einer baltischen Freifrau. Er der jüngste Spross eines schwäbischen Adelsgeschlechts mit einer vielversprechenden militärischen Karriere. Als Nina und Claus von Stauffenberg sich 1929 auf einem Ball kennenlernen, sind sie verliebte junge Menschen auf dem Weg in ein märchenhaftes Leben.

Ich hatte gehofft, mit diesem Roman tiefer in die Geschichte und die Motive von Claus Schenk Graf von Stauffenberg einzutauchen – jenem Mann, der als zentrale Figur des Attentats vom 20. Juli 1944 gegen Hitler gilt. Doch Die Stauffenbergs erzählt seine Geschichte anders – breiter, familiärer, manchmal auch zerfasert.

Charlotte Roth widmet sich in diesem Buch nicht nur Claus selbst, sondern auch vielen anderen Stimmen rund um ihn: Geschwister, Ehefrau, Weggefährten. Das ist ein interessanter Ansatz, kann aber auch zum Problem werden – denn genau das, was mich an der historischen Figur fasziniert, nämlich der innere Wandel vom überzeugten Nationalisten zum Attentäter, bleibt letztlich erstaunlich blass. Die Entscheidung zum Widerstand, der innere Kampf, das Risiko, das alles bleibt eher eine Behauptung als ein fühlbarer Prozess.

Stattdessen verliert sich das Buch oft in Nebenfiguren und privaten Alltagsbeobachtungen. Es liest sich stellenweise wie ein Familiendrama vor historischer Kulisse – gut geschrieben, durchaus unterhaltsam, aber eben auch etwas seicht für den ernsten Stoff, den es behandelt. Die große politische Dimension, die moralische Tragweite von Stauffenbergs Tat und deren Vorbereitung – all das hätte ich mir vertiefter und packender gewünscht. Dafür hätte ich auch liebend gern einen dicken Wälzer gehabt, der das alles erzählen kann und den Geschehnissen genug Raum gibt.

Am Ende bleibt Die Stauffenbergs für mich ein gut gemeinter Roman, der sich viel vornimmt, aber sich zu sehr verzettelt. Wer einen Einstieg ins Thema sucht, findet hier vielleicht einen lesbaren Zugang. Wer jedoch wirklich verstehen will, wie es zu dem Attentat kam und was für ein Mensch Claus von Stauffenberg war, wird wohl zu anderen, fundierteren Werken greifen müssen.

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