Monica, wie solle ich dich beschreiben? Ich habe versucht, dich zu verstehen, wirklich. Am Anfang dachte ich, du wärst eine mutige Frau. Eine, die sich gegen die engen Erwartungen deines Umfelds stemmt. Eine, die ihren eigenen Weg geht. Aber je mehr Zeit ich mit dir verbrachte, desto schwieriger wurde es für mich, dich zu mögen.
Du hast die Menschen um dich herum ausgenutzt, sie hintergangen, ohne wirklich zurückzublicken. Schon früh warst du neidisch auf deine Schwester Hannah. Sie war der Liebling der Eltern. Sie hat einen Verlobten gefunden, den sie liebte und er ihr ein gutes Leben geboten hätte. Und was machst du? Du spannst ihn der Schwester einfach aus und machst dich mit dem Mann auf und davon. Ohne auf deine Familie und deren Schicksal zurückzublicken.
Ich wollte dich an manchen Stellen zur Rede stellen, dich fragen, warum du so kalt und berechnend handelst. Und vielleicht auch, ob es dir dabei gutgeht, ob dich diese Einsamkeit und die Distanz, die du zu anderen aufbaust, nicht doch irgendwie verletzt?
Deine Geschichte hat mich bedrückt, Monica. Vielleicht lag es an der düsteren Atmosphäre, vielleicht an der trostlosen Konsequenz, mit der du deinen Weg verfolgst. Denn nachdem du den Mann bekommen hast und endlich schwanger bist, willst du einfach nur noch sterben? Das halbe Buch dreht sich eigentlich nur darum, dass du deinem Leben ein Ende setzen willst. Die andere Hälfte dreht sich um unterdrückte Gefühle und sexuelles Verlangen. Letzteres war bestimmt zur Zeit der Veröffentlichung 1930 ein großer Schocker für die Leser. Aber heutzutage verpufft dieser Effekt.
Am Ende lässt du mich erstaunlich ungerührt zurück, Monica. Deine Geschichte hätte mich berühren können, aber du bleibst mir fremd, fast gleichgültig. Deine egoistischen Entscheidungen und die Art, wie du Menschen um dich herum manipulierst, machen es schwer, Sympathie für dich zu empfinden. Das Sehen nach dem Tod konnte ich ebenfalls null nachvollziehen. Ich habe keinen Zugang zu deinen Gefühlen gefunden und fühlte mich als Leser mehr als Beobachter, der deine Kälte registriert, aber nicht wirklich mitfühlt. Vielleicht soll das so sein – aber es hinterlässt keine nachhaltige Spur in mir.