„Die stürmischen Jahre“ sind der dritte Band der aus insgesamt 5 Büchern bestehenden Cazalet-Chronik. Die Cazalets sind eine großbürgerliche Familie, die zur Zeit des zweiten Weltkriegs in ihrem malerischen Familiensitz „Home Place“ im malerischen Sussex ausharren und das Ende des Krieges erwarten. Der dritte Band spielt zwischen März 1942 und Mai 1945.
Wer die vorhergehenden Teile nicht kennt, wird es schwer haben, in die Geschichte abzutauchen. Der Stammbaum der Cazalets ist umfangreich und es gibt zahlreiche Nebenfiguren. Man wird man Namen ziemlich überhäuft. Die Erzählung geht langsam voran. Dafür tauchen wir in die Gedanken und Problemwelten der einzelnen Figuren sehr intensiv ab. Allen voran die der drei Cousinen Clary, Polly und Louise. Und mit der Zeit sind mir die drei Cazalet-Ladies doch ans Herz gewachsen.
Im Gegensatz zum ersten Band, wo alles noch um Kinderspielchen und alberne Probleme drehte, sind die drei langsam auf dem Weg erwachsene Frauen zu werden und ihren Platz in der Welt zu suchen. Doch dabei müssen sie zahlreiche Hindernisse überwältigen und Entscheidungen treffen, die sie vielleicht später bereuen werden.
Detailliertes Abtauchen in die Charaktere
Elizabeth Jane Howard nimmt sich viel Zeit, um ihre Figuren durch die Wirren des Krieges zu begleiten. Wer auf schnelle Handlungen, Action und zeitnahe Auflösung von Problemen steht, der sollte besser zu einem anderen Buch greifen. Für Liebhaber von detaillierten Schilderungen und langsamen Charaktereentwicklungen ist die Cazalet-Chronik genau das richtige. Das liegt aber auch daran, dass neben den Cousinen natürlich auch deren Eltern und weitere Verwandte genau unter die Lupe genommen werden, wie zum Beispiel die Cousine Nora, die einen verwundeten Soldaten heiratet, der ein großes Geheimnis trägt, das nicht mal seine zukünftige Frau kennt.
Rupert Cazalet wird immer noch als Soldat in Frankreich vermisst. Seit zwei Jahren hat die Familie nichts von ihm gehört. Nur Clary glaubt noch daran, dass ihr Vater lebt und nach Hause zurückkehrt. Ruperts zweite Frau Zoe leidet dagegen unter ihrem „Schwebezustand“ – hat sie noch einen Mann und ist verheiratet? Ist sie Witwe ohne es zu wissen? Wie soll ihr Leben weitergehen?
Louise dachte, dass sie mit Michael Hadleigh, seines Zeichens gutbetuchter Maler und Marineoffizier, einen Glücksgriff gemacht hat. Für ihn hängt sie ihren Traum von der Schauspielerei an den Nagel und wird Ehefrau und Mutter. Der Mann ist nie da, die Mutterrolle fällt ihr schwer und die Schwiegermutter tyrannisiert die junge Braut.
Die schüchterne Polly will dagegen vor dem Landleben fliehen, sich verwirklichen und nicht – wie die Familie es möchte – auf die Kochschule gehen. Außerdem ist sie zum ersten Mal verliebt, doch leider werden ihre Gefühle nicht erwidert.
Wie wird es nach dem Krieg weitergehen?
Die Familientraditionen, die einst galten, drohen langsam auseinander zu brechen. Denn auch wenn die Daheimgebliebenen nicht direkt durch den Krieg betroffen sind und Elizabeth Jane Howard auch keine allzu großen Schilderungen der Kriegshandlungen einbaut – alle Charaktere leiden dennoch unter dem Ausnahmezustand. Ihr Leben gerät völlig aus den Fugen, Regeln werden außer Kraft gesetzt.
Wie eingangs schon gesagt, ist die einzige Schwierigkeit des Buches, sich bei den zahlreichen Figuren zurechtzufinden. Trotz kurzer Zusammenfassung zu Beginn und eines Stammbaums der Cazalets musste ich manchmal doch grübeln, wer diese oder jene Person noch einmal war. Sonst habe ich mich aber noch etwas Anlaufschwierigkeiten bei den ersten Bänden gut in die Geschichte eingefühlt und bin nun langsam neugierig, wie die losen Enden weitergeführt werden im nächsten Teil.